Volltext: 70 Jahre Kuranstalt Bad Hall

An kurörtlichen Einrichtungen erstand das Kasmo (Kur¬ 
haus), Theater, Kurmusik und allmählich die verschiedenen 
sanitären Einrichtungen. Friederike Goßmann drückte dem 
geselligen Knrleben der achtziger Jahre den Stempel ihrer 
starken Individualität auf. Das Villenviertel erstand, die 
Fürstenhöse übersiedelten nach Gmunden. Für die zahlreich 
hier angesiedelten Personen der Gesellschaft und des Adels 
waren die drei Fürstenhöfe der größte Anreiz. Der Kurort 
blieb das Heim vieler Künstler. Hebbel, dem großen Freund 
der Gegend, erbaute Christine das Häuschen, das heute noch 
wie zu seinen Lebzeiten erhalten ist. Der Aesthetiker Fr. Th. 
Bischer lebte und starb in Gmunden. Joh. Ev. Hadert schuf 
sich hier seinen Wirkungskreis, satter fand Ruhe und unge¬ 
störtes Schaffen hier. Goldmark arbeitete durch Jahrzehnte 
den größeren Teil des Jahres in Gmunden und sah seine 
besten Arbeiten hier erstehen, und der vaterländische Dichter 
Franz Keim, der gebürtiger Gmnndner war, mußte wohl aus 
Erwerbsgründen wieder fort von hier, aber seine Liebe blieb 
stets der teuren Heimat. 
Auch das äußere Bild des Kurortes hatte sich sehr ge¬ 
wandelt, in reizvollster und fesselndster Weise traten allm'hl'ch 
d'e modernen Errungenschaften in Kontrast mit dem Stadt¬ 
bild ans den vergangenen Jahrhunderten. Dieser eigentüm¬ 
liche Kontrast ist b's heute verblieben. 
Es wäre falsch, etwa den Standpunkt einzunehmen: Es 
ist so viel getan, daß uns zu tun fast nichts mehr übrig bleibt. 
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In raschem Fluge gleitet der elektrisch geführte Zug der 
Salzkammergutlinie an den abwechslungsreichen Usern des 
Traunsees dahin und durchfährt das liebliche Tal der Traun, 
bis sich mit einem Male die Gesichter der Reisenden beleben 
und Bewegung durch die Passagiere geht: Wir kommen nach 
Bad Ischl. Und wenn wir vom Bahnhöfe, auf dem buntes 
Leben herrscht, dem freundlichen Markte zustreben, nähern 
wir uns dem ältesten Weltbad Oberösterreichs. Mochten auch 
andere Heilquellen unseres Heimatlandes schon längst bekannt 
und ausgenützt worden sein, hier in Ischl entstand zuerst ein 
moderner, großzügiger Kurort, der schon in den ersten Jahr¬ 
zehnten seines Bestehens einen beispiellosen Aufschwung zu 
verzeichnen hatte. 
Bad Ischl konnte vor zwei Jahren sein hundertjähriges 
Jubiläum als Kurort feiern. Im Sommer des Jahres 1823 
wurden die ersten Solenbäder in Ischl genommen. Der Jschler 
Physikus Dr. Josef Götz hatte schon seit einigen Jahren mit 
Solbädern, die er den Arbeitern der Saline Ischl verordnet 
hatte, günsttge Erfolge erzielt. Er hatte ein kleines Damvfbad 
errichtet, wo sich kranke Arbeiter badeten und Heilung von 
ihren Leiden fanden. Diese Heilwirkung wäre aber vielleicht 
der großen Welt noch lange verborgen geblieben und Ischl 
wäre noch durch Jahrzehnte das Dorf geblieben, als welches 
es in den Kreis seiner Geschichte als Badeort trat, wenn es 
nicht durch einen weitblickenden Mann schon vom ersten Jahre 
an in Beziehung zu hohen und höchsten Kreisen gekommen 
wäre, innigen Anschluß an die Hauptstadt Wien gefunden 
hätte. Diese Beziehung zu den höchsten Kreisen der kaiser¬ 
lichen Residenz schuf Ischl von vornherein einen Kreis vornehmer 
Kurgäste, die den Ruf Ischls bald zum Weltruf machten. Der 
Mann, der diese Beziehung vermittelte, ist Dr. Franz Wirer, 
der damals als Arzt in Wien schon einen bedeutenden Ruf ge¬ 
noß. Als er von den Heilwirkungen der Jschler Sole gehört 
hatte, reifte in ihm der Entschluß, Ischl zu einem großen Kurort 
auszugestalten. Er schickte seine Patienten nach Ischl und so 
wurde Ischls Name, bisher nur im Tale bekannt, mit einem 
Schlage in die weite Welt getragen. 1824 zählte man bereits 
200 
Rückstand wäre Stillstand. Geht es ohne Hindernisse weiter 
irr dem Tempo, das die neue Stadtvertretung bisher ein¬ 
geschlagen hat, so werden wir, wenn das Jahrhnndertjubiläum 
des Kurortes begangen werden kann, auf vollendete kurört¬ 
liche Einrichtungen blicken können. Dem Kurort fehlt noch ein 
neues, modernes Kurhaus, moderne Unterkunftstätten, der 
Ausbau der Esplanade mit Villen für Fremdenunterkunfts¬ 
zwecke, Anlage eines Strandbades, Bau einer Hochquellwasser¬ 
leitung. Alle diese Einrichtungen werden früher oder später 
einmal geschaffen werden und Gnmndens Zukunft immer 
aussichtsreicher gestalten. Uebrigens ist auch mit der Errich¬ 
tung der Kranabethsattelbahn, die in greifbarste Nähe gerückt 
ist, der Fremdenverkehr am Traunsee wieder einen ganz be¬ 
deutenden Schritt vorwärts gerückt. 
Gerade für den Oesterreicher aber sollte dieser Garten 
das Mekka sein, zu dem er immer wieder pilgert. Es sollte zu 
seiner Aneiserung gar nicht der berühmten Aussprüche be¬ 
deutender Persönlichkeiten über das Salzkammergut bedürfen; 
aus seinem Herzen selbst sollte ihm die Liebe und Verehrung 
zu dieser Heimat sprießen. Der Forscher Professor Schultz 
sagte einst: „Wenn irgend ein Ländchen in Deutschland nur 
den hundertsten Teil dieser Schönheiten aufzuweisen hätte, 
es würde längst ebenso gepriesen sein, als das Salzkammergut 
unbekannt ist." 
N. G. 
SM 
136 Badegäste und 1825, nach erst zweijährigem Bestand 
des Badeortes, führte Ischl schon berühmte Namen, wie die 
eines Staatskanzlers Metternich, eines Friedrich von Gentz, 
eines Erzherzogs Rudolf und zahlreicher anderer fürstlicher 
und adeliger Persönlichkeiten Oesterreichs und des Auslandes 
in seinen Besucherlisten. In zwei Jahren war Ischl ein inter¬ 
nationaler Weltkurort geworden, der nun in rastloser 
Entwicklung aufwärts strebte. Der Ort vaßte sich den neuen 
Erfordernissen an und wurde mit allerlei zweckdienlichen 
Einrichtungen versehen. Anlagen und Kurgebebäude ent¬ 
standen, schon 1823 hatte Ischl sein erstes Kurtheater und bereits 
1827 eröffnete man ein neues, steinernes Theater. — 1828 
traf bereits zum erstenmal Erzherzog Franz Karl mit seiner 
Gattin Sovhie in Ischl ein, um von nun an das Solbad durch 
lange Jahre alljährlich zu besuchen. Erzherzogin Sophie 
sollte ihrem Gemahl, dem Bruder des Kaisers Ferdinand 
und dem nächsten Thronanwärter, einen Nachkommen für den 
österreichischen Kaiserthron schenken, die Ehe war jedoch bisher 
kinderlos geblieben. Man hoffte nun auf die Heilkraft der 
Jschler Sole. Als dann am 18. August 1830 der langersehnte 
Sohn Franz Josef zur Welt kam, wurden er und seine 
jüngeren Brüder in Hofkreisen scherzweise die „Salzprinzen" 
genannt. 1837 kam auch Kaiser Ferdinand mit seiner Gemahlin 
auf kürzere Zeit nach Bad Ischl. — Als 1839 Dr. Josef Götz, 
auf dessen Erfolge mit Solbädern hin Ischl sich erst zum Kur¬ 
ort entwickelte, starb, hinterließ er ein Ischl, das über das 
Ischl von 1823 schon weit hinausgewachsen war. Und Wirer 
sah in seinen letzten Jahren, daß der Plan, der ihm seinerzeit 
vor Augen geschwebt war, glänzend in Erfüllung gegangen 
war: Ischl war ein Weltkurort geworden, wo Vertreter des 
Adels, des Reichtums und der Kunst ihre Sommersitze auf¬ 
geschlagen hatten. Wenn man die Kurlisten von damals mit 
ihren prunkenden Namen durchsieht, mag man sich einen 
Begriff machen, welches Leben schon im Vormärz in Ischl 
herrschte. 
Interessant ist, daß sich Wirer sogar Vorwürfe machte, 
daß er den lauten Lärm der Stadt und die lockeren Sitten
	        
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