Volltext: Die militärische, wirtschaftliche und finanzielle Rüstung Deutschlands von der Reichsgründung bis zum Ausbruch des Weltkrieges (Erster Band)

Der Kampf um das dritte Septennat vom Jahre 1887. 
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v. Bronsart*), seien der Kaiser und die verbündeten Regierungen seiner 
Zeit berechtigt gewesen, eine dauernde gesetzliche Feststellung der 
Friedenspräsenzstärke zu verlangen, und nur im Interesse des inneren 
Friedens sei damals das Kompromiß für sieben Jahre geschloffen worden. 
An dieser Vereinbarung wollte der Reichskanzler um so mehr festhalten, 
als das Septennat wenigstens für längere Dauer Präsenzstärke und 
Organisation des Heeres festlegte und damit von der Bewilligung der er 
forderlichen Geldmittel durch den Reichstag unabhängiger machte. Ihm 
erschien das Septennatssystem ein tragfähiges Kompromiß, das sowohl 
das Wesen der Wehrmacht als einer festen staatlichen Einrichtung wahrte, 
als auch eine sich in den zulässigen Grenzen haltende Ausübung des ver 
fassungsmäßigen Vudgetrechtes durch die Volksvertretung ermöglichte. 
Über dieses Maß hinaus das Mitbestimmungsrecht des Reichstages in 
Wehrfragen noch zu erweitern, hielt Fürst Bismarck aus staatspolitischen 
Gründen für gefährlich. 
Dem Reichstage auf der anderen Seite hatte das Septennatssystem, 
obwohl seiner eigenen Initiative entsprungen, den erstrebten Einfluß auf die 
Heeresorganisation nicht gebracht. Da zudem ein zwischen Regierung und 
Volksvertretung vereinbartes Septennatsgesetz durchaus abänderungsfähig 
war — durch Verkürzung oder Verlängerung seiner zeitlichen Gültigkeit, 
durch nachträgliche Ergänzungen seines Inhalts —, blieb der Reichstag 
während der siebenjährigen Laufzeit auch nicht etwa vor Anträgen der 
Regierung auf Erhöhung der Präsenzstärke gesichert. Ähnlich wie im Jahre 
1880 vor Ablauf des ersten Septennats") war diese jetzt wiederum vorzeitig 
mit der Forderung einer Präsenzerhöhung an den Reichstag herangetreten. 
Da die einjährige Präsenzregelung nach dem Vorbilde der meisten anderen 
Staaten angesichts des Widerstandes der Regierung aussichtslos war, 
glaubten die Oppositionsparteien, durch Abkürzung der Vewilligungsdauer 
auf drei Jahre immerhin einen größeren Einfluß auf die Heeresorganisation 
und damit auch auf die Reichspolitik gewinnen zu können. Fürst Bismarck 
wollte indessen keine Änderung des Systems. Mit großer Schärfe, die 
bewies, welch' grundsätzliche Bedeutung er der Fortdauer des Septennats 
beimaß, griff der Kanzler in den Kampf ein. In seiner Reichstagsrede vom 
11. Januar 1887 kennzeichnete er den Streit dahin, daß es sich nicht um die 
„Zeitfrage", sondern um die „Prinzipienfrage" handele, „ob das 
Deutsche Reich durch ein Kaiserliches Heer oder durch ein Parlamentsheer 
geschützt werden" sollet. 
0 Veröffentlicht in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" vom 9. April 1922. 
-) S. 13. — ;i ) Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichs 
tages 1886—1887. Bd. 1, S. 351. 
Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft. 2
	        
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