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Die militärische Rüstung des Reiches.
Das deutsche „Armeefahrrad" (starres System) zeichnete sich zwar durch
Widerstandsfähigkeit aus, beeinträchtigte aber infolge seines verhältnis
mäßig großen Gewichts im Unterschied von dem leicht tragbaren Klapprad,
das in der Französischen Armee vielfach verwandt wurde, die Bewegungs
freiheit bei Steigungen und schlechten Wegen.
Die La st kraftwag en erwiesen sich zunächst noch als zu wenig
durchgebildet, um militärischen Anforderungen zu genügen. Immerhin führ
ten die seit der Jahrhundertwende lebhaft betriebenen Versuche zur Be
seitigung wesentlicher Anstände und zur Herstellung von Fahrzeugen, die
sich nach Bauart, Tragfähigkeit und Geschwindigkeit für den Feldgebrauch
und Kolonnenbetrieb eigneten. Die Heeresverwaltung war bemüht, die
Verbreitung solcher Fahrzeuge im Wirtschaftsleben zu fördern, um sie im
Mobilmachungsfalle durch Aushebung heranziehen zu können. Die eigene
Beschaffung größerer Mengen von Lastkraftwagen verbot sich nicht allein
wegen der hohen Kosten, sondern vorwiegend deshalb, weil die Konstruktion
in fortgesetzter lebhafter Weiterentwicklung begriffen war.
Indessen machte die Einführung militärisch brauchbarer Fahrzeuge im
Wirtschaftsleben zunächst nur langsame Fortschritte^). Je mehr sich aber
mit der Entwicklung der neuzeitlichen Kriegführung die Anforderungen an
den Nachschubdienst steigerten, um so wichtiger wurde es, für eine schnellere
Vermehrung der Lastkraftwagen Sorge zu tragen. Nach dem damaligen
technischen Entwicklungsstände kam in erster Linie die Motorisierung des
Etappennachschubwesens in Betracht. Man war sich deutscherseits freilich
bis zum Jahre 1907 trotz jahrelanger Versuche, die wegen beschränkter
Mittel allerdings nur in engem Rahmen hatten vorgenommen werden
können, über die Wahl des geeignetsten Wagentyps ebensowenig klar
geworden wie über Form und Organisation eines militärischen Kraftfahr
betriebes. In Frankreich war dagegen durch beträchtliche Geldmittel die
Nutzbarmachung des Kraftwagenbetriebes für kriegerische Zwecke schon früh
zeitig gefördert und dadurch ein gewiffer Vorsprung gewonnen worden.
Im Jahre 1907 entschloß man sich auch in Deutschland, die Versuche
zum Abschluß zu bringen. Bei einem unter Beteiligung verschiedener
Wagentypen vorgenommenen größeren Transportversuch erwies sich der
„Armeelastzug", ein Lastkraftwagen mit Anhänger, sowohl gegenüber Einzel
fahrzeugen — wegen Ersparung an Bedienungspersonal und Verkürzung
der Kolonnenlänge — als auch gegenüber Lastzügen mit mehreren An-
9 Zm Jahre 1907 waren in Deutschland erst wenig mehr als 100 kriegsbrauch
bare Lastkraftwagen vorhanden.