Volltext: Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft. Anlagen zum ersten Band (1,2)

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Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft — Anlage-Vand. 
sprechende Verstärkung bei so vielen Train-Bataillonen vor, daß für jedes Fuß- 
artillerie-Regiment, mit Ausnahme eines für den Küstenschutz bestimmten, eine der 
artige „Bespannungs-Abteilung" vorhanden war. Indessen fiel diese Forderung bei 
der Verkürzung der Wehrvorlage durch den Reichstag 4 ) der Streichung anheim, deren 
folgenschwere Bedeutung für die Weiterentwicklung der Fußartillerie kaum durch die 
Aussicht gemildert wurde, durch Nachtragsforderungen in den nächsten Jahren doch 
noch einige Bespannungs-Abteilungen erhalten zu können. Zwar gelang es später, 
die Zustimmung des Reichstages hierfür zu gewinnen und unter Verminderung der 
Ctatsstärken der Fußartillerie-Vataillone^) vom Jahre 1896 ab bis zum Ablauf des 
Quinquennats (1899) acht Bespannungs-Abteilungen aufzustellen. Doch konnte damit 
infolge ihrer geringen Zahl und Stärke^) den Bedürfnissen einer feldmäßigen Aus 
bildung der Fußartillerie um so weniger Rechnung getragen werden, je größer die 
Anforderungen auf diesem neuen Tätigkeitsgebiet wurden. 
Trotzdem machte die Entwicklung der Fußartillerie zu einer leistungsfähigen und 
unentbehrlichen Waffe des Feldkrieges während der neunziger Jahre große Fort 
schritte. Soweit hierfür unter der seit Mitte der neunziger Jahre geänderten Be 
zeichnung schwere Artillerie des Feldheeres bestimmt, sollte sie mehr 
und mehr mit dem Feldheere organisch verbunden werden und bei dessen Operationen 
und Kampfhandlungen unmittelbar mitwirken. Die Tätigkeit der schweren Artillerie 
beschränkte sich nicht mehr nur auf bestimmte Sonderausgaben, sondern umfaßte die 
Mitwirkung im Feldkriege schlechthin. Naturgemäß hatte sich diese Entwicklung 
nicht ohne vielfache Widerstände vollzogen. Sogar innerhalb der Waffe selbst hatte 
es nicht an Stimmen gefehlt, die von einer Verwendung im Feldkriege eine Ver 
schlechterung der Leistungen im Festungskriege befürchteten. Doch verstummte der ver 
einzelte Widerspruch, je mehr durch die Technik die Voraussetzungen für die Teil 
nahme schwerer Geschütze an der beweglichen Kriegführung geschaffen wurden 4 ). Zäher 
behaupteten sich die meist von höheren Truppenführern sowie von anderen Waffen 
gattungen geäußerten Bedenken über die unzureichende Beweglichkeit. Man fürchtete 
von der Mitführung schwerer Geschütze eine unerwünschte Verlangsamung der Ope 
rationen und sah daher in der schweren Artillerie vielfach ein „Impedimentum" des 
Feldheeres, mochten auch die Kriegserfahrungen lehren, daß in früheren Zeiten schwere 
Geschütze trotz erheblich schlechterer Wegeverhältniffe mit großem Erfolge in Feld 
schlachten Verwendung gefunden hatten. Immerhin entbehrten diese Befürchtungen 
insofern nicht der Berechtigung, als der Fußartillerie wegen des Mangels an Ve- 
spannungsmöglichkeiten ein ausreichendes Mittel für die Ausbildung in der beweg 
lichen Kriegführung versagt blieb. Aber die Widerstände und Schwierigkeiten 
hatten die Truppe nur in ihrem Bestreben, sich zu einer leistungsfähigen Waffe des 
Feldkrieges auszubilden, zu bestärken vermocht. Dennoch hätte sie sich damit wohl 
kaum so bald durchsetzen und allgemeine Anerkennung finden können, wenn sie nicht 
in ihrem damaligen General-Inspekteur, General der Artillerie Edler v. der Planitz^), 
einen tatkräftigen Führer gehabt und die nachdrücklichste Förderung durch den Kaiser 
und den Chef des Generalstabes, General Graf Schlieffen, gefunden hätte. 
Nachdem die schwere Artillerie im Jahre 1894 die 15 cin-Haubitze^) als Haupt- 
geschütz erhalten hatte, sollten ihre Bataillone einheitlich, in der Mehrzahl mit diesem 
- 1 ) Text-Band S. 41. — 2) Tabelle 8. — 3 ) 1 Offizier, 5 Unteroffiziere, 42 Mann, 
54 Pferde. — 4 ) Text-Band S. 246. — 5 ) General-Inspekteur der Fußartillerie von 
1893 bis 1902. — 6 ) Text-Band S. 245.
	        
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