Volltext: Vor Pest, Hungersnot und Krieg verschone uns, o Herr! (3. Heft / 1920)

26. September. Heute habe ich meinen Mesner, Tobias Wimmer, einst 
Soldat in Salzburg, in der Schwaig versehen. Dann habe ich den Peter 
Hinterstoiher versehen, der schon 2 Wochen in Beobachtung war. Auf der 
Rückkehr wurde ich zu dem Arzt CamiUus gerufen, damit ich seinen letzten 
Willen aufnehme. Dabei ergoß sich ein Blutstrom nach dem andern aus 
Mund und Nase. In der Nacht starb er. ein Mann, beweint und beweinens- 
wert von allen ob seiner Tugend und seines Wissens. Heute habe ich auch 
die besucht und getröstet, die in Beobachtung stehen. 
8. Oktober. Heute keine Provifur. Es kam zu mir der Provinzial- 
schreiber von Staufeneck. Herr Johann Wallner. und wir hatten lange Unter 
redung. Ich ermahnte ihn, die Pesthäuser in bessere Pflege zu bringen, damit 
in Zukunft die Pestkranken doch nicht wieder in Heustadeln untergebracht 
würden, wo ein Priester Kaum hindringen kann und Gefahr von Brandfälleni 
sein könnte und anderes. 
6. Oktober. Heute habe ich die alte Reitmaierin providiert, tags darauf 
ist sie gestorben. ! 
8. Oktober. Heute keine Provifur. In Weng fand man unter einem 
Steinhaufen Gold und viele Kleider. 
12. Oktober. Heute keine Provisor. Ick bin heute ganz besonders ermahnt 
worden, Obacht zu geben, bei Sterbenden den allsgestoßenen Hauch nicht ein 
zuatmen. weil dieser ganz besonders giftig und todbringend ist. 
14. Oktober. Heute keine Provisor. Die Bauern beklagen sich schwer über 
die Roheit der Soldaten und über ihre Räubereien. 
18. Oktober. Heute ist mein Diener Inwanger lvieder gesund entlassen 
worden. 
19. Oktober. Heute leuchtet denen, die in Beobachtung sind, der Tag der 
Befreiung, aber wegen des unverhofften Pestfalles des Reitmaier Knechtes, 
des fegen. Iodl von Reit, wurden sie neuerdings eingeschlossen, bis der Aus- 
gang der Krankheit der Obenbemeldeten sicher war. Das ist ein hartes Los: 
nach fechswöchentlicher Kontumazzeit neuerdings die harte Beobachtungszeit 
durchmachen zu müssen. Schuld, sagt der Knecht, ist das Bad, das er gestern 
nehmen wußte bei offenem Fenster und bei kaltem durchstreichenden Winde. 
16° Oktober. Es kam heute Befehl, alle im Pesthause zu Reit internier 
ten Pcstverdächtigen aufs neue einzuschließen. 
20. Oktober. Heute vormittags habe ich der Ehefrau des jungen Reit- 
maier die hl. Sterbsakramente gereicht. Ohne Furcht vor den: Tode hat sie 
mit solcher Ehrfurcht und Sehnsucht das hl. Sakrament empfangen, daß ich 
glauben mochte, sie ginge zu einem Hochzeitsmahl und nicht in den grausigen 
Pesttod. Bevor ich aber an das Haus kam, begegnete mir eine Hochzeits 
musik mit ihren tollen Spielteuten, die mich. ohne den Hut abzunehmen, 
wie Heiden. Mich, der ich den Schöpfer der Welt trug, frech anstarrten und 
mick verhöhnten. Eure unerhörte Sache. In einer Pfarrei, lvo der Knochen 
mann in etrva 14 Häusern eben seine Pesttribute forderte. Laute der aus 
gelassenen Freude nicht zügeln! Ich habe noch den Knecht dieses Bauern 
versehen. 
22. Oktober. Heute vor dem Mittag habe ich dem Iodl zu Reit die 
hl. Sterbsakriamente gegeben, dem Bruder des verstorbenen jungen Reit 
maiers. Kaum hatte er die hl. Hostie genossen, so verließ ihn das Bewußt- 
sein, um ein besseres in der anderen Welt zu erlangen. Das Weib des jun 
gen Reitmaier legte sich ohne Furcht in das Bett ihres an der Pest gestor 
benen Mannes, kam in Schweiß und fing lvieder an zu genesen. Sie bat 
mich um den Segeu, den ich, ihr gab. 
29. Oktober. Heute starb die Magd des Thanl in Hainham. Der Tod 
hatte sie so sehr entstellt, wie hie Pest stoch niemand. Deshalb wurden alle 
Hausinwohner eingeschlossen und müssen sich täglich vom Arzte untersuchen 
lassen. 
3. November. Heute hat Eva, die Schwester des alten Thanl zu Hain 
ham, schon Kopfschmerzen. Sie haben also doch die Pest. Heute schrieb P. 
Benno ans Kloster Höglwörth: „Bitte E. Ihro Hochwirden und Gnaden uns 
gegenwertige nece88aria zu schicken:
	        
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