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noch, daß man das Holz künstlich trocknet. Außerdem müßte er erst wieder ein so
leistungsfähiger Zimmermannsstand herangezogen werden, denn es wurde mir oft
versichert, daß unsere heutigen Zimmerleute solche Arbeit nicht mehr zustande brächten.
Da weiter gerade bei uns die Ziegeln billig ankommen, wurde der Holzbau immer
mehr verdrängt. Daran haben nicht zuletzt auch die Feuerversicherungsgesellschaften
schuld, die die Feuergefährlichkeit eines Holzhauses zur Eiusteckung sehr hoher Ver
sicherungsprämien benützt haben. Ob nicht auch eine gewisse Nachahmungssucht im
Bauer gesteckt hat, der jetzt, in der Zeit der Eisenbahnen, öfter in die Stadt kommt,
hier lauter gemauerte Häuser sieht und nun glaubt, ein hölzernes Haus sei minder
vornehm, das bleibe dahingestellt. Ja, hätte er in der Stadt nur gute Häuser ge
sehen! Aber das war ja das Unglück, daß die Baukunst auch in den Städten
furchtbar darnied klag, daß all die Sünden, die wir heute am Bauernhaus tadeln,
zuerst in der Stadt verbrochen wurden und erst von hier hinausgewandert sind
aufs Land. Mit dem Wachsen der Städte stiegen die Bodenpreise sehr rasch; sollte
beim Bauen und Vermieten etwas profitiert werden, so mußte das Haus mö g-
lichst billig hergestellt werden. Da entschied nicht, ob man gut oder schlecht
baute, sondern nur, ob das Haus — wenigstens auf dem Papier — billig war
oder teuer.
Billig bauen war so ein Schlagwort, das auch den Bauer blendete: billig
0 bauen! Ich will nicht an Sprichwörter erinnern wie: Wenig Geld, wenig
Wolle! oder Für nichts ist nichts — sondern will nur zeigen, wie man
sich täuschen ließ. Gut, das Haus kostet, wenn es fertig ist, — es
ist sehr billig — so und so viel. Um es so billig zu machen, hat man
billiges, also schlechtes Material genommen, hat schleuderhaft gearbeitet,
hat gespart, wo es nur ging. Nun kommt Regen und Schnee, das
schlechte Material, die schlechte Arbeit können natürlich wenig Wider
stand leisten; man muß wieder z!lm Maurer schicken und muß aus
bessern lassen. Kostet wieder was! Und so gehts fort! Kommt denn
dann das Haus nicht viel teurer, als wenn es gleich von Anfang
an gut gebaut worden wäre, wenn es auch etwas mehr gekostet hätte?
Reaelrobbau Wird z. B. eine solche unverputzte Ziegelmauer aus gewöhnlichen
H Ziegeln die den Regen so gut aufsaugen, wo überdies nicht einmal die
Fugen anständig mit Mörtel verstrichen sind, in unserer regenreichen Ge
gend nicht viel früher Schäden ausweisen als eine anständig verputzte? Das
ist doch sicher! Zeigt eine verputzte Wand Schäden, so können die leicht
ausgebessert werden; sind aber bei einer rohen Mauer Ziegeln infolge
Frostes morsch geworden, so ist eine Ausbesserung nicht so leicht! Aber
noch weiter! Die Sonne kann ja diese vollgesoffemn Ziegeln gar nicht
austrocknen, in den Wänden steckt stets eine starke Feuchtigkeit, besonders
wenn man es, wieder wegen der Billigkeit, unterlassen hat, das Haus
gut zu fundieren, das Grundwasser abzuziehen und das Mauerwerk
ordentlich gegen aufsteigende Grundfeuchtigkeit zu isolieren. Und da fragt
sich der Bauer, woher es kommt, daß seine Kinder so blaß ausschauen,
daß überhaupt gerade in den drei Bezirken Braunau, Ried und Schärding
die Kindersterblichkeit die höchste Ziffer von ganz Oberösterreich
erreicht, daß eine Krankheit nach der andern bei ihm einkehrt, daß er
das Reißen bekommt, daß die Lungensucht so viele Menschen dahin
rafft^), daß er immer wieder Geld zum Doktor und zum Apotheker tragen
'i> Man vergleiche, was darüber ein Arzt im Heimatkalender 1915 geschrieben hat!