294
Dachstein-Gruppe
nicht breit, aber bequem zu begehen*). Vom Gletscher bis zum Gipfel
benöthigt man 2—2 V 2 St. Ein Steinmann bezeichnet den Gipfel des
Koppenkarstein, das ist den höchsten Punkt der Schneide, welche sich
weiter gegen NO. zuerst nur wenig senkt, dann aber jäh abbricht.
So ziemlich dieselbe Fernsicht, wie auf allen übrigen Spitzen,
eröffnet sich vom Gipfel des Grossen Koppenkarstein. Was denüeber-
blick der eigenen Gruppe anbelangt, so ist natürlich nur der östliche
Theil klar enthüllt. Namentlich der Blick nördlich auf den vom Gjaid-
stein überragten Schladminger Gletscher, dann jener südlich auf den
Kleinen Edelgries-Gletscher und durch die gleichnamige Felsschlucht
hinab zu den grünen Fluren von Kamsau, sind charakteristisch für das
Panorama. Minder schön, weil zu sehr in einander geschoben, präsen-
tiren sich Thorstein und Mitterspitze, wogegen der Dachstein mit den
steil hinanziehenden Firnen einerseits, dem gewaltigen Südabsturz
anderseits, mächtig imponirt. Oestlichvom Gjaidstein, an dessen Seite
aus weiter Ferne der Altausseer See heraufblinkt, reiht sich die end
lose Wüste des „Stein“ mit ihren Felsbuckeln und Gruben an. Land
friedstein und Scheichenspitze verdecken den Thalblick nach Schlad-
ming. Gerade im W. sieht man auf die Spitze des Kleinen Koppen
karstein hinab, welcher 1878 von Prof. Frank aus Graz**) vom Edel
gries aus bestiegen wurde. Der verkürzte Grat hinüber wird durch die
tiefe Scharte beim „Steinfensterl“ unterbrochen.
Den Abstieg zur Simony-Hütte und nach Hallstatt zu nehmen,
folgt man dem unter Tour 7 geschilderten Weg längs der Schneide
des Kleinen Koppenkarstein.
Will man jedoch nach Ramsau auf einer anderen Route zurück,
so steigt man über die N.-Seite zuerst auf den Schladminger Gletscher
ab, umgeht den Berg auf der O.-Seite und gelangt durch das Koppenkar
wieder zur Edelgries-Höhe zurück. Der erste Theil des Nordabstieges
führt zunächst östlich über die wenig geneigte breite Schneide. Plötz
lich sinkt der Grat rascher in die Tiefe. Ueber einen Absatz gelangt
man in eine kleine Scharte, jenseits welcher eine Zacke den Gratweg
vollkommen abschneidet. Könnte man diese Zacke forciren, so wäre
eine weit tiefere Scharte gut zu erreichen, von welcher augenscheinlich
durch eine schräg in der Wand hinablaufende Rinne ohne besondere
Schwierigkeit auf den Gletscher hinab zu kommen ist. So aber muss
*) Am 6. Sept. 1880 gelang es Herrn Dr. C. v. Lederer ans Graz, unter
Führung von Steiner einen leichteren Südaufstieg ausfindig zu machen. Herr
Dr. v. L. traversirte von der Edelgries-Höhe den gleichnamigen Gletscher bis
gegen das Hintere Thürl und kam von dort auf Felsbändern in 50 Min. auf den
Grat zwischen Kleinem und Grossem Koppenkar stein. Das »Fensterl“ auf der
N.-Seite umgehend und theilweise auf der Schneide selbst, theilweise etwas nörd
lich unterhalb derselben, wurde die Spitze schon in einer weiteren halben Stunde
(also in ca. l 3 / 4 Stunden von der Edelgries-Höhe weg) erreicht.
**) Jahrbuch des Steirischen GebirgsVereins. VI. 1879.