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In der neuen Stellung gelang es Oblt. Freudenseher, durch teil
weise flankierendes Feuer den im toten Raum befindlichen und über
raschten Feind unter großen Verlusten zurückzuwerfen. Ein Teil des
zurückströmenden Gegners, etwa drei bis vier Kompanien, setzte
sich dann in bereits vorbereiteten Stellungen auf rund 700 m wieder
fest und eröffnete von dort aus das Feuer auf die eigene Maschinen
gewehrabteilung.
Die schwierige Aufgabe, die ununterbrochen heranflutenden Ab
teilungen zum Stehen zu bringen, konnte nur durch fortgesetzten
Zielwechsel erreicht werden. Hierbei war die Maschinengewehr
abteilung fast völlig auf sich selbst angewiesen, da die übrigen
Infanterieabteilungen aus den früher angeführten Gründen nur ein
schwaches Feuer auf die vorrückenden Russen abgaben. Das war
aber auch die Ursache, weshalb die Maschinengewehrabteilung das
feindliche Feuer fast zur Gänze auf sich gezogen hatte. Dieses außer
ordentlich heftige, von verschiedenen Seiten auf die Maschinen
gewehre niederprasselnde Feuer stellte nicht nur ungeheure Anfor
derungen an die Nerven der Bedienungsmannschaft, sondern ver
hinderte es auch, Feuerstockungen rasch zu beheben und das Wasser
in den Kühlern zu erneuern, da sich niemand von rückwärts über den
vollkommen bestrichenen Raum vorwagte. Die dampfenden Maschi
nengewehre boten demnach ein sehr günstiges Ziel.
Sollte der weitere Vormarsch und Durchbruch des Feindes ver
hindert werden, mußte die Maschinengewehrabteilung bis zur Selbst
aufopferung ausharren. Gegen Mittag war die ganze Bedienungsmann
schaft des einen Maschinengewehres tot, beim zweiten befanden sich
noch zwei Mann. Oblt. Freudenseher sprang daher selbst zur Be
dienung des einen Maschinengewehres ein und setzte den Kampf
noch fort, nachdem alle Leute der beiden Maschinengewehre schon
gefallen bzw. kampfunfähig geworden waren, bis er selbst durch eine
Kieferzerschmetterung und einen Schulterdurchschuß das Maschi
nengewehr nicht mehr bedienen konnte und das Bewußtsein verlor.
Den letzten Angriff des Feindes konnte Freudenseher noch abwehren.
Nachher erfolgte kein weiterer Angriff; erst bei Morgengrauen des
nächsten Tages fiel Freudenseher auf dem eigenen Verbandplatz in
Gefangenschaft der in der Nacht vorgerückten Russen.
Die Aufopferung der Bedienungsmannschaft war nicht umsonst
erfolgt; die eigenen Kräfte hatten rechtzeitig ihre Rückwärtsbewe
gung antreten können.
Durch das Standhalten der in der Front belassenen Detachements
wurde die Bedrohung in der Flanke und im Rücken des durch die
vorhergegangenen Kämpfe stark hergenommenen X. Korps ver
hindert. Im Rahmen dieser Gefechtshandlung kommt der aufopfern
den Tat des Oblt. Freudenseher ein hervorragendes Verdienst zu.