Volltext: Der Militär-Maria Theresien-Orden

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laufende Leute riefen, daß die Italiener das Werk bereits besetzt 
hätten und der Bataillonsstab gefangen sei. An ein Herauskommen 
der 4. Kompanie aus dieser Tür war nicht mehr zu denken, sie stand 
unter verheerendem Feuer. Oblt. Enrich schlug die Tür wieder zu 
und verriegelte sie. Inzwischen war die Kompanie gefechtsbereit 
geworden. 
Das Werk war vor der eigenen Offensive im Mai 1916 im Besitze 
der Italiener gewesen und war von ihnen mit betonierten Infanterie 
galerien gegen Nordwesten ausgebaut worden. In eine solche Galerie 
konnte man aus der von der Kompanie Enrich belegten Kaverne und 
von dort durch zwei senkrechte Schächte in die Höhe und auf das 
rückwärtige Werk gelangen. 
Oblt. Enrich führte nun seine Kompanie, Mann hinter Mann, 
durch den in den Fels gesprengten Gang. Er erstieg den ersten 
Schacht; als er den Kopf ins Freie steckte, wurde er von Schüssen 
der wenige Schritte entfernt liegenden dichten italienischen 
Schwarmlinie empfangen. Der Feind hatte also auch die nördliche 
Werkstraße schon besetzt und hielt hier alle Ausgänge aus dem Werk 
unter Feuer. Die Lage schien für Enrich trostlos, der Tod oder die 
Gefangennahme die einzigen Möglichkeiten. Hilfe war von nirgends 
zu erwarten, die Übermacht des Feindes überwältigend. Seine Kom 
panie zählte 60 Mann und sollte eben durch das Marschbataillon auf 
gefüllt werden. Trotzdem war der Entschluß des Oblt. Enrich keinen 
Augenblick zweifelhaft. Er wollte kämpfen, sich und seine Kompanie 
vielleicht opfern und — vielleicht hatte er Soldatenglück. Er rief 
den nächsten unter ihm im Schacht klebenden Leuten zu: „Stürmen, 
schießen und brüllen!" und warf sich ins Freie. Mit Gebrüll stürmten 
sie gegen die nahe Schwarmlinie. Es war im ersten Morgengrauen, 
fast noch dunkel, die Italiener ließen sich täuschen. Sie flohen gegen 
die halbzerstörte Deckkaverne und versuchten dort Widerstand zu 
leisten. Inzwischen hatten die Zugskommandanten der Kompanie 
ihre Leute auch aus den Schächten herausgeführt; mit Handgranaten 
und Bajonett wurden die Italiener überwältigt. Das Schwierigste war 
gelungen, die Kompanie aus ihrer Falle ins Freie gelangt. 
Es war rasch heller geworden und nun bemerkte Oblt. Enrich 
etwa 200 Italiener, die von der Höhe nördlich des Kehlgrabens gegen 
seine Kompanie vorgingen und schossen. Am nördlichen Kehlrande 
standen zwei feindliche Maschinengewehre und schossen in die Ein 
gänge zum Werk, um jedes Ausbrechen der darin gefangenen Be 
satzung zu verhindern. 
Oblt. Enrich faßte nun den verwegenen Entschluß, seine ohnehin 
so schwache Kompanie zu teilen. Er schickte zwei Züge gegen die 
Maschinengewehre am Kehlgraben, mit den zwei anderen Zügen
	        
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