Volltext: Zwei Jahre italienischer Krieg

Im ganzen nahmen die Österreichisch-ungarischen Truppen 
am 3., 4. und 5. Juni weit mehr als 10.000 Italiener, darunter 
280 Offiziere gefangen, eine außergewöhnlich hohe Ziffer in An¬ 
betracht des schmalen Raumes, auf dem sich die Kampfhandlung 
vollzog. 
Der etwas zu voreilig gefeierte Sieg der italienischen Waffen 
wurde damit in eine schwere Niederlage verwandelt. Durch den 
Gegenangriff der österreichisch-ungarischen Truppen wurden die 
Italiener zunächst um den größten Teil ihrer an sich bescheidenen 
Anfangserfolge gebracht, von denen ihnen jetzt nichts blieb, als 
am Nordflügel der Isonzofront die kahle trostlose Spitze des Kuk- 
berges. Dann aber wurden ihre Verluste dermaßen erhöht, daß man 
sie nach vorsichtigster Schätzung mit Zweimalhunderttausend Mann 
an Toten und Verwundeten wohl nicht zu niedrig annimmt. Außer¬ 
dem verloren sie an Gefangenen bis 6. Juni weit über 27.000 Mann. 
Bei der Wertung dieser Ziffer muß man bedenken, daß sie 
die Beute des Verteidigers darstellt. Dieser hat also in der Abwehr¬ 
schlacht bisher dem ihm an Zahl weit überlegenen Gegner um 
4000 Mann mehr an Gefangenen abgenommen, als er selbst einbüßte. 
Alle bisher in diesem Kriege geschlagenen Abwehrschlachten 
haben das Resultat gezeigt, daß der Verteidiger mehr Gefangene 
verliert, als der Angreifer. Es ist dies im Wesen der modernen 
Abwehrschlacht begründet. Die Verteidigungslinien müssen sich — 
das gilt besonders für den Kriegsschauplatz am Karst —, um alle 
Vorteile des Geländes auszunützen, möglichst dicht an dieses 
anschmiegen. Dadurch wird es erklärlich, daß einzelne Stellungs¬ 
stücke durch das Sperrfeuer des Angreifers dermaßen abgeriegelt 
werden können, daß ihre Besatzungen auf sich allein angewiesen 
bleiben und bis zum letzten Momente ausharren müssen. Wenn der 
Angreifer trotzdem viel weniger Gefangene macht als der durch 
die angeführten Umstände gleichsam eingeengte Verteidiger, so 
ist dies das deutlichste Zeichen für das Versagen seiner Angriffs¬ 
aktion und auf der anderen Seite ein ebenso untrüglicher Beweis 
für den Sieg des Verteidigers. 
Ein abschließendes Urteil läßt sich zur Stunde über die zehnte 
Isonzoschlacht nicht fällen. Die Italiener opferten aber bis zu 
den ersten Junitagen an Toten, Verwundeten und Gefangenen 
beinahe eine viertel Million Mann, um schließlich als einzigen 
Erfolg die Besitznahme einer kahlen Berkguppe aufweisen zu können. 
Was immer die Ziele der Italiener zu Beginn der zehnten 
Isonzoschlacht waren, sie haben sie nicht erreicht, und Triest, 
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