Full text: Jahresbericht über das abgelaufene Vereins-Jahr 1911 (1911)

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Werte Kollegen! 
Es bedarf wohl keiner eingehenden Begründung, wenn wir dem Kapitel 
„Teuerung“ in unserem heurigen Jahresberichte den ersten Platz einräumen, die 
sich in der hohen‘ Wohnungsmiete und weiter in den fortwährend im Preise 
steigenden notwendigsten Lebens- und Bedarfsartikeln so unliebsam bemerkbar 
gemacht hat. Diese alle um das tägliche Brot Arbeitenden so schwer belastende 
Erscheinung, auf welche wir ja in unseren letzten Berichtsjahren schon hingewiesen 
hatten, wurde noch vor kurzer Zeit als nicht bestehend in Abrede gestellt. Trotz- 
dem nun selbe. zwar von keiner Seite mehr bestritten wird, ist zur Behebung 
derselben. auf legalem Wege nichts geschehen. Und der Mittel gäbe es nicht 
wenige, So vor allem die Öffnung der mit Hochschutzzollmauern verrammelten 
Grenzen zwecks billiger Einfuhr von Fleisch und Getreide, nachdem das Inland 
nicht soviel erzeugt, als die Bevölkerung benötigt; weiter ein Verbot gegen die 
ungerechtfertigten Preistreibereien der Trusts und Kartells und Vorkehrungen 
gegen wucherischen Zwischenhandel, welche ‚eine die Volkswohlfahrt unter- 
grabende Ausbeutung betreiben. Leider schwindet die Hoffnung, daß hier bald 
Remedur geschaffen werde, da jede -energische Aktion bisher abgelehnt wurde, 
müßte man doch in erster Linie dem beutelüsternen Großkapitalismus, der mühe- 
los Millionenprofite einheimst, an .den Leib rücken, dem die meiste Schuld an 
den  mißlichen Verhältnissen beizumessen ist, der zum unbeschränkten Preis- 
bestimmer der Lebensmittel und beinahe aller unbedingt erforderlichen Gebrauchs- 
artikel geworden ist, dem Staaten, Länder und Kommunen tributpflichtig ge- 
worden und zu dessen Vasallen alle verschuldeten Großstaaten herabgesunken 
sind, und aus diesem Grunde verschont man ein volksschädigendes Parasitentum, 
anstatt es total auszurotten, damit es nicht noch mehr Unheil und Elend an der 
redlich und ehrlich sein Brot sich verdienenden Menschheit anrichte, als es 
schon. getan. a 
Erklärlich ist, daß, wenn der Wert des Geldes immer mehr sinkt und die 
notwendigsten Ausgaben mit dem Verdienst nicht mehr in Einklang gebracht 
werden können, der Arbeitnehmer seine einzige Einnahmsquelle — seine Arbeits- 
kraft — besser :entlohnt wissen will, um nicht durch Entbehrung seine ohnehin
	        
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