Volltext: Hindenburg und Tannenberg (2,2 / 1915)

sind von hier nach Westfalen geflohen. Von Jugend sieht 
man überhaupt nichts hier. Ich kann aber nicht weg, ich 
möchte keinem zur Last fallen, und zweitens kann ich 
meine alten kranken Eltern nicht einem grausamen Schick¬ 
sal überlassen.. .. Die Kartoffeln stehen noch auf dem 
Felde, weil eö schon die zweite Woche in Strömen regnet. 
Dazu kommt noch die Furcht vor den Russen. 
Drei Wochen unter russischer Herrschaft. 
Groß-Laszenkngken, 4. Oktober 1914. 
Wir haben Deinen Brief erst am 1. Oktober erhalten und 
wie wir sehen, hast Du ihn schon am 25. August zur 
Post gegeben. Es ist in dieser ganzen Kriegszeit schrecklich 
bei uns. Keine Post, keine Bahn, alles war hier unter¬ 
brochen. Die Brücken sind alle gesprengt. Wir waren drei 
Wochen unter der Herrschaft der Russen. Aus dem Dorfe 
waren alle Bewohner ausgerückt. Wir wollten auch ziehen, 
doch Vater und Mattheis wollten nicht, und so mußten 
auch wir zurückbleiben. Ich wollte schon immer allein 
losgehen, weil alle sagten, daß die Russen so verrückt 
sind auf die jungen Mädchen. Nur Vater hat geschimpft 
und gefragt: „Wo willst du hin?" Ich habe mich immer 
versteckt halten müssen. Angst haben wir gmug ausge¬ 
standen, jetzt wollen wir es nicht mehr durchmachen. 
Sollten die Russen wiederkommen, dann bleibe ich be¬ 
stimmt nicht mehr hier, ganz gleich, wohin ich gehe, 
vielleicht nach Berlin, vielleicht komme ich zu Dir. Lina 
Prußeit ist auch schon die ganze Zeit in Westfalen bei 
ihrer Tante. Vater sagt, er geht auch jetzt nicht, auch 
Mattheis nicht. 
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