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als unzulänglich erwiesen haben, deshalb sicherte man dem Stift alls-
bald das Recht zu der Benützung der herzoglichen bzw. öffentlichen
Weidegründe überhaupt. Die Bestimmungen sind auch in der umfang¬
reichen Pertinenzformel nicht berücksichtigt, die bemerkenswerter¬
weise ebenso wie der Text mit der Erwähnung der Kirchengüter
schließt. Die ganze Stelle fehlt endlich auch im Diplom. Wir konnten
konstatieren, daß jede Tradition des Stiftbriefes irgendwie auch im
Diplom erwähnt ist, daß dieses ein erschöpfendes Inhaltsverzeichnis
des Stiftbriefes darstellt. Bei dieser Vollständigkeit läßt sich das Fehlen
gerade der drei letzten Bestimmungen wohl nur dadurch erklären,
daß sie eben auch im Stiftbrief nicht enthalten waren.
Die Interpolation der den Grunzwitigau betreffenden Stelle fällt
nach den obigen Ausführungen in die Zeit 791—828. Zugleich dürften
aber auch die beiden anderen Sätze eingeschaltet worden sein. Nicht
nur der Inhalt, sondern auch der verworrene Stil und die Verwendung
der Vulgarismen legen diese Annahme nahe: ein späterer Interpolator
hätte sich der Ausdrucksweise des Stiftbriefes wohl nicht mehr so
gut anzupassen vermocht wie ein Schreiber an der Wende des achten
zum neunten Jahrhundert. Die „größere Saline“ kann dann weder
Hallein1) noch Hallstatt, sondern einzig und allein Reichenhall sein.
„Alle die so zahlreichen Vergabungen von Salz an die Klöster be¬
ziehen sich nur auf Reichenhall.“2) Denn die Salzerzeugung am Dürren¬
berg hat aller Wahrscheinlichkeit nach schon zur Zeit des hl. Rupert
aufgehört und ist erst c. 1190 wieder in Angriff genommen worden,3)
den Salzberg von Hallstatt aber Herzog Albrecht I. (1282—1308)
wieder eröffnet.4)
Die Fälschung schließt mit einer ähnlichen Bestimmung wie der
Stiftbrief: ubicumque etiam loca eiusdem monasterii forestis nostris
adiaceant, pastum et pascua nec non edificia inde habeant sine censu.
Die Stelle ist fast wörtlich der Immunitätsurkunde Karls III. für Passau
entnommen (887)5) und steht mit der schon mehrfach zitierten Ur-
9 Vgl. die Note auf Tafel V. Aventin fügte der Abschrift des Stiftbriefes die
Bemerkung bei: quae habuere in Hai vendidere Eberhardo Episcopo Salzburgensi
anno 1219. Oefele, Script, rer. Boic. I. 726. Die Worte beziehen sich aber nicht auf
Kremsmünster, sondern auf Niederaltaich, das, wie eine Urkunde des Jahres „1219“
(Mb. 11. S. 187) besagt, tatsächlich seine Besitzungen in „Halle“ an Salzburg ver¬
kauft hat.
2) Widmann, Geschichte Salzburgs. I. (1907) 287.
3) Ebenda 286.
4) Strnadt, Das Gebiet zwischen der Traun und der Ens. Arch. f. öst. Gesch.
Bd. 94 (1907) 471 u. 483.
5) Mühlbacher, Regesten, n. 1738 = Mb. 281. S. 77. Uhlirz, aaO. 210.