Volltext: Die Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster

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keit, daß Taliup und Sparuna auch noch über andere Slavengruppen 
herrschen, keineswegs ausschließt. Der Ausdruck des. Diploms „fu- 
erunt“ involviert gegenüber dem „sunt“ des Stiftbriefes keinen Wider¬ 
spruch. Wenn auch der Fälscher das Präsens gebraucht, so ist die 
Übereinstimmung mit dem Stiftbrief wohl nur als Zufall zu erklären; 
denn sonst läßt sich nirgends ein direkter Zusammenhang zwischen 
Fälschung und Stiftungsurkunde erkennen.1) 
Das von der Dekanie bewohnte Gebiet wurde genau umgrenzt. 
Der Jopan führte die Boten des Herzogs rings um den Slavenbezirk 
herum und beschwor, denselben nicht zu überschreiten. An der Ab¬ 
grenzung beteiligten sich der Abt Fater, der Priester Arn, der Richter 
Chunibert, der Graf Hleodro und Gerbert. 
Arn wird im Stiftbrief als Priester, im Diplom als Bischof be¬ 
zeichnet. Tatsächlich ist er im Jahre 785 Bischof von Salzburg ge¬ 
worden.2) Bemerkenswert ist auch die Reihung der beiden Prälaten. 
Im Stiftbrief (777) geht der Abt Fater dem Priester Arn voraus, im 
Diplom des Jahres 791 ist zuerst der Bischof, dann der Abt genannt. 
Von den weltlichen Boten ist der Richter Chunibert wohl mit 
jenem Chunibert iudex identisch, der am 16. November 777 in Freising 
den Vertrag bezeugte, den Toto mit seinen Söhnen schloß.3) Hliodro 
unterschrieb 769 zu Bozen den Stiftbrief von Innichen4 5) und 776 eine 
Schenkung Machelms für St. Emmeram in Regensburg.6) Derselbe vir 
clarissimus Machelm hatte einen Kerpert zum Zeugen, als er das 
Hochstift Passau mit einer Widmung bedachte.6) Die Reihenfolge, in 
der die weltlichen Boten im Stiftbrief genannt sind, ist insofern auf¬ 
fallend, als der Richter vor dem Grafen genannt ist. Denn dieser steht 
dem Rang nach höher als jener.7) Auch im Diplom ist die Reihenfolge 
>) Uhlirz, .Mitteilg. d. Instit. f. öst. Gesch. Bd. III (1882) 211. 
2) Im Jahr 798 ist Salzburg zum Erzbistum, Arn zum Metropoliten erhoben 
worden. Vgl. Widmann, Geschichte Salzburgs. I. (1907) 93 ff. Mit Rücksicht auf 
das Diplom ist die Lesung des Lonsdorfer Kodex: (Pater) archipresbyter als irrig 
abzuweisen. Vgl. Zeissberg, Sitzungsber. d. phil.-hist. Klasse d. Akad. d. Wissensch., 
Bd. 43 (1863) 308; Huber, Archiv f. österr. Gesch. Bd. 47 (1871) 205 ff. 
3) B. n. 86. 
*) B. n. 34. 
5) Pez, Thes. anecd. nov. I. 3, 82. 
») Mb. 28. II. S. 6. 
7) Merkel, Der iudex im bayrischen Volksrechte. Zeitschr. f. Rechtsgeschichte. 
Bd. I (1861) 144. Ohne irgend eine Begründung erklärt der gelehrte Rechts¬ 
historiker (Anmerkg. 15) den Stiftbrief für unecht. In einer Note zum bayrischen 
Volksrecht (MGh. Leges III., S. 284, n. 15) bezeichnet er die drei Urkunden, mit 
denen wir uns hier beschäftigen, als suspecta documenta. Welche Gründe ihn dazu 
bestimmten, entzieht sich, wie gesagt, unserer Kenntnis.
	        
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