Volltext: Die Stiftungsurkunde des Klosters Kremsmünster

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et terminum posuerunt. Wenngleich diese Mischung von subjektiver 
und objektiver Fassung im allgemeinen zur Vorsicht rät, so erregt 
sie doch hier kein Bedenken; denn bei dem verworrenen Satzgefüge 
ist es dem Verfasser wohl gar nicht zum Bewußtsein gekommen, 
daß er die Formel, die ihm sehr geläufig war,1) an unrichtiger Stelle 
verwendet hat. 
Verworrenheit des Stils und Wechsel des Numerus sind nicht 
die einzigen Merkmale, die die Sprache des Stiftbriefes kennzeichnen. 
Sie besitzt vielmehr eine Reihe von Eigentümlichkeiten, die in ihrer 
Gesamtheit den sicheren Schluß ergeben, daß die Urkunde in sprach¬ 
licher Hinsicht wirklich der Zeit angehört, aus der sie ihrer Angabe 
nach stammen soll. Schriftlatein und Vulgärlatein sind so miteinander 
vermischt, daß im großen ganzen die korrekten Konstruktionen über¬ 
wiegen, daß wir also die Sprache des Stiftbriefes nicht schlechtweg 
als Vulgärlatein, sondern als korrumpiertes Schriftlatein zu bezeichnen 
haben. Auch weisen die vulgären Formen nicht jenen Grad von Ver¬ 
wilderung auf, der ihnen im gallischen oder langobardischen Latein 
eigen ist. Es hat sich eben in Bayern die Latinität, unbeeinflußt von 
der Muttersprache, reiner erhalten als in Italien und Gallien, wo das 
gesprochene Idiom immer zersetzender auf die Schriftsprache ein¬ 
gewirkt hat.2) Zur Charakteristik der Urkundensprache stelle ich im 
folgernden jene Vulgarismen zusammen, die sich sicher als solche 
erkennen lassen. Von den zweifelhaften Fällen, die eventuell auch 
als Schreib- oder Lesefehler gedeutet werden könnten, sehe ich ebenso 
ab wie von den Änderungen, die der Kremsmünsterer Kopist zum 
Zweck der Textverbesserung vorgenommen hat. 
Bezüglich der Lantwandelung erscheint i für e (ae) gesetzt 
in hone memorii antecessores, umgekehrt e für i in quadragenia. 
(Vielleicht u für o in adtradus casatas; statt ae ist wie in der fol¬ 
genden Zeit durchweg e gebraucht: ethera, eternam, que, hone, edi- 
ficare, hec.) Häufig läßt sich der Ausfall von m konstatieren: ut con- 
ferre(m), ut edificare(m), infra monte(m), in honore(m), terminum que(m) 
coniuravit Physso. 
Die vierte Deklination ist durch die zweite ersetzt: ducatui 
(Gen. Sing.). Der Normalkasus als Subjekt (Kasusassimilation?): inter 
utrasque Tpfas, ubi illas duas Ipfas oriuntur; sclavos, quos sub illos 
actores sunt . . . quos infra terminum manent. 
*) Er gebraucht sie in 3 Urkunden fünfmal. Vgl. Mb. 28. II. S. 21 u. Mb. 8. S. 365. 
2)' Bresslau, Handbuch der Urkundenlehre, I. 555 ff. und Sickel, Acta Karo- 
linorum, I. 137 ff.
	        
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