Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

Allerseelen vor Arras. 
2. November 1914 
Allerseelen! In den Tag des Gedenkens der Toten brüllt 
bei unö der Donner der schweren Geschütze, die ArraS beschie¬ 
ßen. Also nicht die traurige Ruhe, wie bei Euch zu Hause. 
Die Natur hat sich verändert, seit ich von Dir Abschied 
genommen habe, und die herbstlichen Bäume recken dem heran¬ 
nahenden Winter ihre immer kahler werdenden Aeste entgegen. 
Novembersonne scheint in mein verwildertes Quartier, und in 
einem Spiegel sehe ich ganz, wie ich mich verändert habe. Du 
würdest mich kaum wiedererkennen, wenn Du mich sehen wür¬ 
dest, trotzdem meine Backen sich wieder gerundet haben. Ein 
ziemlich ungepflegter Fischerbart schützt das Kinn vor Kälte, 
und aus Reinlichkeitsgründen ist der Schnurrbart gestutzt, 
während die Kopfhaare von einem nicht gerade gut arbeiten¬ 
den Schnitter schon vor längerer Zeit abgemäht worden sind. 
Trotzdem der angesetzte Bauch verschwunden ist, hat sich der 
Appetit verzehnfacht. Seitdem wir in Feindesland sind, brauche 
ich nicht zu hungern, da von den großen Portionen der Offi¬ 
ziere, in deren Nähe ich stets als persönliche Gefechtsordonnanz 
des Kompagnieführers fein muß, für mich und noch einige 
Kameraden genug gute Bissen übrig bleiben. Nur ist das 
hiesige Wasser ungenießbar, und der Wein wird immer rarer. 
Man freut sich feines stets am Bindfaden hängenden Lebens, 
doch gar bald erinnert der Anblick der Schützengräben, der 
zerstreuten Gräber, sowie der mit Blutflecken überstreuten 
Tragbahren mich wieder an die Entsetzlichkeiten des Krieges, 
welcher mit jedem Tage neue Episoden bringt. Wir haben hier 
als Gegner meistens Schwarze, große Gestalten. Ihr zu Hause 
werdet doch schon öfter von dieser Garde gelesen haben. Uebri- 
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