Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

so weniger erschreckt UNS das furchtbare Sausen der über uns 
hinwegfegenden Schrapnells. Wir wissen ganz genau, daß sie 
nicht für uns berechnet sind. Wenn der Ansturm feindlicher 
Massen am größten und die Not am höchsten ist oder feind¬ 
liche Artillerie uns bedrängt, horchen wir sehnsüchtig auf un¬ 
sere Kanonen. Ihr Donner und das Sausen ihrer über uns 
hinfliegenden Geschosse ist uns himmlische Musik. Aber alles 
vermag bei einem starken Herzen nicht das menschliche Empfin¬ 
den zu töten. Ein tiefes Sehnen dringt immer wieder her¬ 
auf, daß der Mensch nach seinem Recht, menschlich zu leben, 
verlangt. Die Kultur, sein Weib und Kind, seine Lieben, 
das Interesse an der Entwicklung seiner Ideale wollen einen 
nicht freigeben. Das alles hat zu tiefe Wurzeln in einem 
wirklichen Menschen geschlagen, als daß es so schnell ver¬ 
dorrt. Ein solcher Mensch ist aber trotzdem in einem 
Kriege, wie wir ihn jetzt führen, der ausdauerndste und pflicht¬ 
eifrigste. Er weiß, daß er sein Alles hergeben muß, damit, 
wenn auch nicht für ihn, so doch für die ihm Gleichgearteten 
die Bahn frei bleibt. Geht es an den Feind, ist ein solcher 
Mensch hart. Er erträgt Hunger, Durst, Kälte viel leichter 
als jemand, der nur in den Krieg gezogen ist, weil er die Fran¬ 
zosen schlagen will oder soll. Ich hoffe, daß morgen die Ent¬ 
scheidung fällt und wir dadurch dem Frieden ein großes Stück 
näher sind. 
Ich hatte keine Zeit eher zu schreiben. Nachts ging das 
Marschieren los, und nachts hörte es auf. Wir haben körper¬ 
lich und auch seelisch Furchtbares ausgehalten, trotzdem hat 
meine Spannkraft kaum nachgelassen. Speck gibt eö von 
Belgien an überhaupt nicht mehr, nur noch einmal warmes 
Essen und trockenes Brot. Das warme Essen ist aber jetzt 
reichlich, weil die Kompagnie durch Kranke, Verwundete und 
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