Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

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dern und nachher auf evangelisch Choräle mit Zwischenspie¬ 
len. Gelungen ist, wie ich die mir fremden Choräle lerne. 
Der Pastor singt sie mir im Quartiere vor, und ich schreibe 
sic auf selbstgezogenen Linien nach. Danach muß ich dann 
die Orgelbegleitung selbst finden. „Dienstlich" ist die Be¬ 
teiligung der Leute am Gottesdienst „durchaus freigestellt". 
Aber eS ist ganz wunderbar, wie sich alle dazu drängen. Am 
vorigen Montag war Kommunion- bezw. Abendmahlfeier. 
Da ist nun aber auch keiner zurückgeblieben. Ich mußte die 
Leute, die an dem Tage Stall- und Ortswache hatten, also 
nicht ganz weg durften, an einem anderen Tag besonders be¬ 
urlauben, daß sie zwei Stunden weit nach V. laufen konn¬ 
ten, wo sie Mittwochs die Sakramente empfingen. Man 
muß sagen, daß ein direktes Bedürfnis nach Gottesdienst 
vorhanden ist unter den Soldaten aller Konfessionen. Gott 
sei Dank ist setzt Vorsorge getroffen, daß meine Kolonne 
jeden Montag in die Kirche kommt. Die Leute laufen gern 
die Stunde zu Fuß. 
Meine Kolonne besteht ganz aus Hessen, ich bin der ein¬ 
zige Nichtheffe. Am 25. November faßen wir zu drei Of¬ 
fizieren ahnungslos abends beisammen. Da kommt plötzlich 
der derzeitig stellvertretende Wachtmeister und bittet um die 
Erlaubnis, daß der „Gesangverein" der Kolonne zu Ehren 
des heutigen Geburtstages des Großherzogs von Hessen ein 
Ständchen bringen dürfe. „Aber selbstverständlich!" Da ste¬ 
hen 40 Mann draußen, in ihren dicken Mänteln, und fangen 
unter der Leitung meines Trompeters zu singen an. Furcht¬ 
bar falsch, aber sehr mit Begeisterung. Angeblich vierstim¬ 
mig. Erst „Heil dir im Siegerkranz", dann „Freiheit, die ich 
meine" und dann „Wer hat dich du schöner Wald". Das letzte 
Lied war so schön gesungen, daß der benachbarte schöne Wald 
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