Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

plötzlich als Helden und seelengroße Leute vor einem. Namen 
tuen nichts zur Sache. 
In meiner Kompagnie ist ein evangelischer Pfarrer. Drei¬ 
mal schon habe ich ihn zum Abhalten eines Feldgottesdienstes 
befohlen. Wie wundervoll hat er die große Zeit erfaßt und 
wie schlicht mit unserem guten alten Herrgott in Beziehung 
gebracht. Eine tiefe Wandlung hat er in mir hervorgebracht 
bezüglich meines Bedürfnisses an religiösen Aeußerungen. Ich 
bin nie religionslos gewesen. Nur ein Bedürfnis zu religi¬ 
ösen Handlungen empfand ich nicht mehr. Jetzt bete ich auf 
dem Pferde, wenn wir abends nach dem Gefechte unter dem 
klaren Herbsthimmel vom Schlachtfelde in irgendeine Ort¬ 
schaft ziehen, um unterzukriechen. Dem Pfarrer habe ich 
selbst das Eiserne Kreuz ins Knopfloch gezogen und heute 
seine Beförderung zum Vizefeldwebel veranlaßt. 
Meine übrigen geistigen Bedürfnisse find auf ein Mini¬ 
mum zusammengeschrumpft. Ich bin Soldat, nichts weiter. 
Daß ich früher mit aller Hingebung einen Beruf ausgefüllt, 
daß ich bis in die Nacht hinein einst schaffte, um das Berg¬ 
werk zu retten und groß zu machen, daran habe ich ab 
und an noch eine schwache Erinnerung. Alles schläft unter 
einer Nebelhülle, und nur die Fülle nervenerschütternder Er¬ 
eignisse des Krieges beschäftigt mich. Tritt ein Ruhetag ein, 
so folgt elementar die Nervenerschlaffung. Dann bin ich 
fertig, und nur mit dem Aufgebot aller Tatkraft bringe ich 
es fertig, für meine Kompagnie zu arbeiten und für weitere 
Kriegstage die Jäger vorzubereiten. 
Und wie sieht der äußere Mensch aus?! Das Haupt be¬ 
deckt ein eingedrückter, vom häufigen Benutzen als Kopfkis¬ 
sen eingedrückter Tschako mit schmutzigem, durchlöchertem Be¬ 
züge. Stoppelig der Bart und bemoost die Zähne. Fleckig 
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