Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

auf einen feindlichen Laufgraben; mein Regiment erlitt schwere 
Verluste. Bei alledem bekam ich jedoch nur ein einziges Mal 
Deutsche vor Augen, nämlich bei einer Aufklärung, die ich aus¬ 
führte. Grau schimmerten fie hinter einer Hecke, auf etwa 
100 Meter Abstand. Es ist der unsichtbare Tod: die Kugeln 
pfeifen einem ihr Todeslied um die Ohren, Granaten fliegen 
geräuschvoll durch die Luft und richten fürchterliche Verwü¬ 
stungen an. Wer feine Nerven in der Gewalt hat, mag feine 
Angst verbergen, aber es handelt sich um passiven Mut, und 
der ist schwer auszubringen. 
* * 
Wir stecken wie Mönche in klösterlicher Einsamkeit, deren 
Grenzen durch die Feuerlinie bezeichnet werden. Niemand 
geht aus dieser Einsamkeit heraus, ohne alle Hoffnung fah¬ 
ren zu lassen: nach vorne.hin auf das Leben, nach rückwärts , 
auf die Ehre. Der Offizier, der lustige Einfälle ausheckt, 
um die dem Tode geweihten Soldaten aufzuheitern, ist wahr¬ 
lich ein mutiger Mann, energisch, tüchtig und frisch in seinen 
kindlichen Scherzen. Ich sah ihn mitten im Feuer keck mit 
einem General, dem er Aufträge zu überbringen hatte, plau¬ 
dern, 50 Meter von uns entfernt fielen die Granaten, und ich 
wäre zweifellos lieber irgendwo anders gewesen. Wir waren 
jedoch in demselben Automobil, und so mußte ich warten. Ihr 
könnt Euch vorstellen, wie ich mein Unbehagen verbiß, während 
er in feinem Gespräch mit dem General kein Ende fand. Es 
überrascht uns, zu hören, mit welch lyrischem Wortschwall die 
Zeitungen über die Soldaten schwatzen. Helden! Wir Helden? 
Lächerlich! Die Helden sind ausgestorben, ich sag es Euch. 
Die, die noch leben, sind Menschen wie Ihr und ich. Wir 
haben uns nur an die Gefahr gewöhnt. Ist jener Haupt- 
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