Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

Herbesthal 3. 08 Uhr nachmittags; um 9 Uhr abends dort an¬ 
gekommen, muß alles aussteigen. Der mangelhaft beleuchtete 
Bahnhof bietet ein eigenartiges Bild: Verwundeten- und Ge- 
fangenentranSportzüge, Munitionszüge, bekränzte Militärzüge 
lösen sich in ununterbrochener Reihenfolge ab, der ganze Bahn¬ 
hof ist überfüllt mit Soldaten. Die einen kochen, die anderen 
fassen Menage, verschiedene formieren sich in Trupps, wieder 
andere, welche ihr Regiment verloren haben, versuchen Aus¬ 
kunft über dasselbe zu erlangen und einen Zug, um wieder zu 
demselben zu gelangen usw. Nachdem ich mein Gepäck zwei 
Sanitätern, welche nach Cambrai wollten, anvertraut, suche 
, ich die Kommandantur und bitte mit Vorweisung meines Pas¬ 
ses vom Kriegsministerium um Auskunft, ob und wann ein 
Zug in der Richtung nach St. Quentin — Peronne abgehe. 
Bis fetzt ist noch kein Zug gemeldet, doch der Kommandant 
erbietet sich, mich benachrichtigen zu lassen. Nach einer Stunde 
und wiederholter Anfrage erhalte ich den Bescheid, daß ein 
Zug auf dem 5. Gleise nach St. Quentin abgehe. Ein langer, 
reich mit Grün geschmückter Zug steht zur Abfahrt bereit; aber 
jeder Wagen ist dicht mit Soldaten besetzt, kein Platz zu er¬ 
halten. Fort muß man, also hinein in den Gepäckwagen mit 
den Säcken! Ich setze mich darauf, lehne mich an die Wand, 
und ergeben gedenke ich die Nacht so durchzubringen. Keine 
Ruhe! Immer wird die Rolltür wieder aufgeschoben, stets 
kommen neue Soldaten, welche auch noch mit müssen, endlich 
ist der Gepäckwagen so voll, daß nichts mehr herein kann, we¬ 
der Mensch, noch Gepäck. Beleuchtung gibt es nicht, eine ein¬ 
same Kerze, von einem Sanitäter gespendet, wird angezün¬ 
det, und im mystischen Halbdunkel erzählen die Sol¬ 
daten, welche meistenteils seit August an der Front 
waren, von ihren Erlebnissen; so wird es schnell 2 Uhr, 
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