Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

liegen genau wie diese in den Schützengräben, die halb voll 
Wasser sind, denn eS regnet hier fast täglich, infolgedessen ist 
hier alles aufgeweicht. Unsere Pferde sind in selbstgebauten 
Strohhütten untergebracht, andere auch wieder in verlassenen 
Wohnhäusern. Das Stroh ist fast durchschnittlich Weizen, 
der noch nicht einmal gedroschen ist. Das ist eine ganz ver¬ 
fluchte Ecke hier oben, das dauert nun schon über fünf Wo¬ 
chen, es ist sozusagen eine ununterbrochene Schlacht. Tag und 
Nacht donnern die Kanonen, und Maschinengewehre knattern, 
das kostet noch viel Menschenblut, bis das einmal vorüber ist. 
Die Engländer halten stand, das muß man sagen, aber schlie߬ 
lich müssen sie doch einmal weichen. Das kann ja unmöglich 
so weiter gehen, erst wenn es kälter wird. Man wird ganz 
gefühllos und verroht. WaS bedeutet jetzt ein Menschenle¬ 
ben im Felde? Gar nichts, rein gar nichts. Und doch kommen 
wieder Augenblicke, in denen man denkt: Willst doch schauen, 
daß du dein Leben davonbringft. Man darf nicht an die Hei¬ 
mat denken, dann erträgt man die Sache leichter. Wenn ich 
nur nicht krank werde, das ist die Hauptsache. Anzeichen sind 
nämlich schon vorhanden, habe bereits einen Ausschlag am 
Körper; hoffentlich geht es bald vorüber! 
Hinter der Front. 
18. November 1914 
Wegen mir braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen. 
Wir sind hier in Lille als Besatzung und bleiben vorläufig 
hier. Die Postverbindungen nach hier lassen viel zu wün¬ 
schen übrig. Hier sind Leute, die, so lange fie in Frankreich 
sind, noch keine Post bekommen haben. Gestern erhielt ich 
einen Brief aus D. (einer Stadt in Mitteldeutschland), der 
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