Die digitale Landesbibliothek Oberösterreich

kriechend erreiche ich die Verbandftation, das vorderste Haus, 
weit vor dem Dorfe, welches schon tags zuvor in unserem Be¬ 
sitze war. Bald aber mußte auch dieses HauS geräumt wer¬ 
den, denn Granatfeuer schlug auch hier ein, und so mancher 
von uns bekam noch hier eine weitere Verletzung. Sämt¬ 
liche Verwundeten mußten heraus und in die Schützengräben 
gebracht werden. Hier lagen wir mit den Aerzten und unseren 
vielen Verwundeten den ganzen Tag im Regen, immer noch 
am gefährlichen Feuer. Das Rote Kreuz kann sich erst, wenn 
es finster und ganz ruhig wird, nähern. Um 7 Uhr früh wurde 
ich verwundet, um l I Uhr nachts wurde ich abgeholt. Früher 
konnte das Rote Kreuz nicht in Funktion treten. O, das 
Jammern und Stöhnen den ganzen Tag, unbeschreiblich. Ei¬ 
ner mit einem Bauchschuß starb um 11 Uhr nachts. 
Um 12 Uhr nachts wurde ich verbunden. „Glück hätte ich 
gehabt," sagte der Stabsarzt; es sind beides Weichteilschüsse, 
ohne Knochenverletzung, also macht Euch keine Sorgen, meine 
Lieben, ich tröste mich auch, mit Gottes Hilfe wird alles gut 
werden. Sehe ich andere Kameraden, denen das Auge aus- 
geschoffen, oder das halbe Gesicht weggerissen wurde usw., 
dann muß ich mich noch glücklich schätzen. Am 29. früh kam 
ich nach Lomme, dann nach Lille ins Militärlazarett. Von 
hier gehtS nach Deutschland. 
Fußgefechte der Kavallerie. 
Lille, 2. November 1914 
Wir hatten wochenlang keine Feldpostverbindung, wir er¬ 
hielten keine Post und konnten auch keine aufgeben. Zwei 
Briefe von Euch habe ich gestern erhalten; die zwei Päckchen 
und auch den darauffolgenden Brief bekam ich noch in Metz, 
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