Volltext: Arras, Lille u. La Bassee (7,2 / 1916)

Von Namur nach Lille. 
Seit wir nachts aus Namur ausgerückt sind, führen wir 
ein vollständiges Nomadenleben. Zunächst waren wir nach 
Antwerpen und haben dort einen Teil abgesprengter belgischer 
Truppen gefangen, dann sind wir andauernd marschiert, vor 
und zurück, heute hier, morgen dort. So ging eö 18 Tage 
lang ohne Unterbrechung, ohne Quartier, ohne daß wir auch 
nur einmal daran denken konnten, das Zeug auszuziehen. Bald 
lagen wir des Nachts im Schützengraben, bald in einer Stroh¬ 
miete oder auf freiem Felde oder auf dem Bahnkörper, aber 
meistenteils dursten wir kein Feuer anzünden, wegen großer 
Nähe des Feindes. Ernährt haben wir uns zum großen Teil 
von den Früchten des Feldes, Kohlrabi, Aepfel und Birnen 
usw., selten mal etwas Warmes. Zu trinken hatten wir stets 
genug, aber nur immer Wein, Wein und nochmal Wein, so 
daß eö einen schließlich anwiderte. In meinem ganzen Leben 
habe ich nicht soviel Wein getrunken, wie in den letzten Tagen. 
Wenn man nur mal ein vernünftiges deutsches Glas Bier be¬ 
kommen könnte, dann wollte ich gerne 1 Mark dafür zahlen, 
aber hier ist nichts zu haben. 
Am 4. Oktober, vormittags 10 Uhr, überschritten wir die 
französische Grenze, unsere Kompagnie an der Spitze. Mit¬ 
tags gegen 1 Uhr rückten wir in Lille ein, nachdem uns von der 
Kavallerie gemeldet worden war, Lille sei frei vom Feinde. 
Wenn uns die Bevölkerung kommen sah, rückte sie aus, und 
wenn sie sich in Sicherheit gebracht hatte, drohte sie mit der 
Faust. Als unsere Spitze in der Nähe des Bahnhofes ange¬ 
kommen, erhielt sie plötzlich von allen Seiten Feuer, und wir 
stürmten im Laufschritt zu ihrer Unterstützung heran. Die 
Franzosen hatten uns wirklich in einen Hexenkessel hineinge- 
7* 
99
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.