Volltext: Illustrierte Kriegschronik des "Kikeriki"

42 
Die Russen traben die Erfolge, die nach unfern großen Siegen 
bei Krasnik, Komarow infolge kolossaler Übermacht errangen, maßlos 
übertrieben. 
Bericht der russischen Generalissimus NiKolaiojefisch an den Zaren. 
Ich bin itolz, Gurer Majestät melden zu können, dah russische Kanonen 
bereits vor dem wiener Arsenal stehen und ihre Mündungen auf die Stadt ge¬ 
richtet sind. Hin Bombardement Wiens erweiit sich jedoch als untunlich, weil die 
russischen Kanoniere zur Zeit in der Stiftskaierne liegen und der dazwischen be¬ 
findliche Stadtteil sich in feindlichen Bänden befindet. Wie groß jedoch die Angst 
vor den Ruiien ohnehin ist, beweist am besten die Tatsache, dah wiener Bäder 
schon den Citel russisch angenommen haben, weil sie hoffen, auf Grund dessen 
verschont zu werden. Zahlreiche wohlhabende wiener Bürger haben sich in diese 
Asyle geflüchtet, und sind, nachdem sie ihre Wertsachen abgegeben haben, augen¬ 
scheinlich froh, nur das nadite Leben zu retten, um das ihnen der Angstschweiß 
aus allen Poren rinnt. 
Die wiener haben auch alle Ursache, die Rache der Russen zu fürchten. 
Sind sie doch in ihrem pangermam'schen Bah gegen uns io weit gegangen, ein 
Ungeziefer Russe zu nennen, das, wie jeder Russe weih, im Gegenteil ein ger¬ 
manischer Schwabe ist. 
Der Ruh ist überhaupt ein derartiger Schrecken der wiener geworden, dah 
eine spezielle Waffengattung geschaffen wurde, die nur gegen den Ruh zu kämpfen 
hat. 8s soll dies das Korps der Rauchfangkehrer, auch Schornsteinfeger genannt, 
eine in Wien ungemein beliebte Lruppe, deren biofees Gricbeinen für glückbringend 
angesehen wird, wie unberechtigt die Beschwerden Deutschlands gegen die Ver¬ 
wendung von Senegaltruppen durch frankreich sind, mögen 6ure Majestät ersehen, 
wenn ich Ihnen sage, dah diese Rauchfangkehrer ebenfalls Schwarze sind, dah 
diese Schornsteinfeger einem Degeritamme angeboren, der sich, da Oesterreich eigene 
Kolonien nicht hat, aus der italienischen [!) Kolonie (6ritbräa?) rekrutiert Diele 
Rauchfangkehreraimee ist keineswegs neu geschaffen, sie besteht schon seit Menschen¬ 
gedenken, der beite Beweis dafür, dah Oesterreich gegen uns längst mobilisiert hat. 
Die Bewaffnung dieser Schwarzen ist geradezu furchtbar; sie sind speziell für alle 
Arten des Strahenkampfes von Baus zu Baus raffiniert ausgerüstet. Sie haben 
Bandbomben, Kugeln, an einer Schnur befestigt; weiters sind sie bewaffnet mit einem 
scharten Besen, um dem Gegner damit über die Augen zu fahren, außerdem mit 
einem Wischer an einem langen Draht zum Putzen der Kanonen, und einer Leiter 
zum Stürmen der Leitungen. Ihre barbarischeste walte jedoch ist ein Kratzeisen, das, 
an russische Köpfe einmal herangebracht, geradezu mörderisch wirken mühte. Ich 
habe deshalb keine Luit, die Köpfe meiner Kosaken einem solchen bestialischen Gegner 
zum Abkratzen auszuliefern, und fordere Gure Majestät auf, gegen diele Schwarzen 
einen geharnischten Protest bei dem von Gurer Majestät begründeten Baager 
Schiedsgericht einzulegen. — Gin für uns günstiges Symptom ist dagegen dies: 
Der kleine Mann hat die Russen zum fressen gern. 
Aproposfreifen! DieBungersnot in Wien hat bereits einen solchen Grad 
erreicht, dah die Spitzen*) der Stadt, vom Bunger getrieben, bis an die Mündungen 
unserer Kanonen herankommen, in der Bofinung, einen Brosamen zu finden, den 
die Bedienungsmannschaft dort verloren hat. Das österreichische Geld ist lo entwertet, 
dah.die Wiener unseren Soldaten bis zu einer Krone für einen russischen Uniformknopf 
geben, da diele höher im Kurie stehen als österreichisches Silber. Unsere Kolaken 
sind gutmütig genug, auf dielen schlechten Lausch einzugehen. Auch ich habe keinen 
Knopf mehr, umsoweniger, als ich auf die Dachricht, dah die Deutschen Reims besetzt 
haben und die Ghampagnerernte gefährdet ist, einer vertrauenswürdigen jungen 
franzölin zur Rettung ihres uns verbündeten Vaterlandes meine Kriegskalle zur 
Verfügung gestellt habe. Ich ersuche 8ure Majestät umgehend um Grfatz und
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.