Volltext: Illustrierte Kriegschronik des "Kikeriki"

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über das Dach erhebt. (Um jeden Zweifel zu verhüten, liegt eine Photographie 
davon meinem Berichte bei.) Den zweiten Turm hat der Admiral vorläufig 
verschont, um einen Anhaltspunkt zu haben, wo Wien liegt, und nicht viel¬ 
leicht irrtümlich das alliierte Petersburg zu treffen oder Moskau in Brand 
zu schießen. Der zweite Schuß aus Wien war etwas zu tief gezielt, schlug 
ins Wasser, durchdrang aber dank der kolossalen Explosivkraft des Pulvers B 
dennoch auch die Erde und kam infolge der Krümmung der Erdoberfläche 
bei der unterirdischen wiener Stadt babn heraus, die er vollständig zer¬ 
störte, so daß seitdem der Verkehr auf derselben eingestellt werden mußte. 
Die Panik, die das Bombardement auf Wien, obwohl es von der österreichi¬ 
schen Regierung vertuscht wurde, in Wien hervorrief, war kolossal. Revolution 
brach aus, am Graben wird geschossen, und ich habe mit eigenen Augen im 
Kerzen Wiens, an der Ecke vom Graben und der Kärutnerstraße, einen 
Baumstamm gesehen, der über und über mit Projektilen gespickt ist. (Als 
Beweis liegt Photographie des seit den letzten Schreckenstagen „Stock im Eisen" 
[sic] genannten Revolutionsdenkmals bei.) Einer der größten geistigen 
Kapazitäten Wiens, der Professor der Philosophie Mr. Liber-Augu st in, 
soll wegen seiner offenen Erklärung, daß „alles hin" sbout xeräu) sei, 
standrechtlich erschossen sein. Ich habe sein Grabdenkmal im ?. Arondissement 
selbst gesehen. (Der ernste Gelehrte ist darauf zur Strafe für seine Frei¬ 
mütigkeit als Trunkenbold und Filou dargestellt. Photographie liegt bei.) 
Das Kriegs Ministerium An: Hof wurde von der Menge vollständig 
demoliert, und das vor dem Gebäude stehende Denkmal des Erzherzogs 
Radetzky, der die Türken bei Liffa besiegt hatte, wurde eing eschmolz en, 
um dem Mangel an Kupfermünzen abzuhelsen. Au v iur Prater kam es 
bereits zu Attacken, bei denen auch das schwache Geschlecht nicht geschont 
wurde, und mehreren Jungfrauen mußte der Unterleib amputiert werden. 
In Simmering soll eine Million Tote liegen. Die Stadtverwaltung im 
Rathaus ist vollständig konsterniert und hat sich in den Keller zurück¬ 
gezogen. Das Gros der Wiener Bevölkerung fühlt sich ebenfalls in der 
Hauptstadt höchst unsicher und fordert energisch Abzug aus Wien und nach 
dem Lager, das in Schwechat vorbereitet sein soll. Jahrgang i9i4, Nr.35. 
Die wirklichen Heldentaten der französischen Flotte sahen allerdings 
au§' Die HemdenLat auf Pelagosa 
oder die Verpflanzung französischer Kultur auf österreichischen Boden.
	        
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