Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

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in so geringer Zahl dort Wache hielten, vollbracht worden, 
Heldentaten, von denen dereinst die Kriegsgeschichte be 
richten wird. 
Aber immer mehr wurde es auch dem Mutigsten 
klar, daß unseres Bleibens nicht mehr lange sein würde. 
Freilich, niemand schenkte uns klaren Wein ein, wie bei 
uns die Sachlage wäre, ob Gefahr vorhanden oder nicht. 
Das Militär lachte nur über die langen Fragen, die 
immer wieder laut wurden, — die Zivilbehörden schwiegen 
ganz. 
Ein entscheidender Tag wurde der 14. August. Mittags 
plötzlich Alarm, wie sich herausstellte unnötigerweise; 
nachmittags rückt ein Bataillon Infanterie ein, bald dar 
auf Artillerie, und spät am Abend rasselten noch einmal 
Geschütze in den Ort. Schützengräben wurden ausge 
hoben, die Geschütze gehen in Stellung, — es ist klar, 
es wird zu einem Gefechte kommen. Da haben wir schnell 
einige Kleider und Wäsche gepackt; ein Leiterwagen wurde 
angespannt, Gepäck und einige Bündel Heu für die Pferde 
aufgeladen, — herrliche Sitzgelegenheiten für meine Frau, 
3 Kinder und unser Mädchen. Und hinaus ging's in 
die laue Sommernacht. Nach fünfstündiger Fahrt ge 
langen wir in die Nähe von Angerburg, bleiben dort 
den Rest der Nacht in dem gastfreien Hause eines Be 
sitzers und fahren am Morgen nach dem Bahnhof Anger 
burg, von wo aus meine Frau mit 4 Kindern nach 
Königsberg weiterfährt und nach 2 tägiger Fahrt in Pom 
mern bei ihren Eltern anlangt. Mein ältester Sohn und 
das Dienstmädchen fahren mit dem Gespann wieder nach 
Kruglanken zurück, während ich den Zug dorthin benutze. 
KMZ nach Mittag sind wir wieder dort. 
Jetzt kommen unruhige Tage und doch voll kriege 
rischen Reizes. Die Russen waren bei Marggrabowa 
immer weiter vorgedrungen; vor sich her treiben sie unend 
liche Züge von Flüchtlingen. Leiterwagen mit der not 
dürftigsten Habe bepackt, auf der die Frauen mit den 
kleinen Kindern sitzen, fahren langsam und schwer durch 
den Ort, hunderte und aber hunderte, — dazwischen ein 
zelne Kutschwagen, die schneller fortkommen. Auf dem 
Marktplatz halten sie, tränken und füttern die Pferde.
	        
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