Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

90 
funden, der zu zwei Dritteln mit Paketen angefüllt war 
und in dem sich außerdem noch ca. 10 Personen befanden. 
Es war gewiß kein Genuß, so zu reisen, aber man war 
doch froh, daß man mitgekommen war. — So hatten wir 
nun auch die Heimat, in der wir so lange ausgehalten 
hatten, in der wir in den letzten Monaten manches 
Schwere und Trübe, aber doch auch viel Freude erlebt 
hatten, verlassen müssen. — Wie werden wir sie wieder 
sehen?! — Keiner von uns hat es wohl geahnt, daß 
wir sie so lange würden entbehren müssen. — Nun sind 
wir nach 3 langen Monaten wieder daheim. Was wir 
vorgefunden, das spottet aller Beschreibung. Äußerlich 
ist unser Städtchen ja Gott sei Dank, nicht sonderlich ver 
ändert. Nur etwa 16 Wohngebäude sind durch Be 
schießung der Stadt oder durch Brandstiftung zerstört; 
aber wie sieht es in den Häusern, auf den Höfen, in 
den Wohnungen aus. — Fast alle Wohnungen — die 
der Wohlhabenden wie auch die der weniger Begüterten 
— ausgebrannt, geplündert, starrend von Unrat und 
Schmutz. — So haben die Russen bei uns wie überhaupt 
in allen bei dem zweiten Einfall besetzten Teilen unserer 
Provinz — gehaust, ungeheuere materielle und ideelle 
Werte vernichtet. Mehrere Bürger der Stadt, darunter ein 
achtzigjähriger pensionierter Lehrer, gar viele Landbe 
wohner sind von ihnen mitgeschleppt worden einer unge 
wissen Zukunft entgegen; die ca. 50—60 Menschen, die 
während des letzten Russeneinfalls in Marggrabowa ge 
blieben waren, haben viele schwere Stunden durchge 
macht, sind oft in der größten Angst und Bedrängnis ge 
wesen und sind alle darin einig, daß keiner von ihnen 
noch einmal unter russischem Zepter hier zurückbleiben 
möchte. 
Wir haben viel verloren, viel hingeben müssen, dar 
um wollen wir aber doch nicht verzagen, nicht klein 
mütig werden, sondern freudig und getrost von neuem 
an die Arbeit gehen, im Vertrauen auf den großen Alliier 
ten im Himmel, der bis dahin so sichtbar mit uns gewesen 
ist, und auf unsern geliebten Kaiser, der zu unserer großen 
Freude bald nach der masurischen Winterschlacht umjuhelt 
von seinen Soldaten, in den Mauern unserer Stadt ge-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.