Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

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aus den Händen der Russen, deren Unbarmherzigkeit auch 
in unserer Gegend, in der Domäne Seedranken allein 7 
Menschen zum Opfer gefallen waren, die noch auf ihrem 
Rückzüge am Tage vorher 2 unschuldige Leute aus dem 
Landkirchspiel getötet hatten! 
Iuchheirassassa und die Preußen sind da, so kam 
es jubelnd aus froher Brust, aus dankerfülltem Herzen. 
— Zwar waren es ja nicht preußische Ulanen, die wir 
da als erste beim Einzuge in unsere Stadt begrüßen 
durften, sondern sächsische — aus Oschatz im Königreich Sach 
sen — aber das machte ja nichts aus — die braven 
Sachsen waren uns als Sieger und Befreier ja ebenso 
lieb und willkommen, wie unsere preußischen Brüder. — 
Und dann folgte mehrere Stunden anhaltend, der Ein 
zug der anderen — Truppen eines ganzen Kavallerie 
korps, der Artillerie und der Infanterie, einer pommer- 
schen Reservedivision unter dem Generalleutnant von 
Morgen! — Was waren das doch für schöne unver 
geßliche Augenblicke, als die Infanterieregimenter im Pa 
rademarsch — während die Glocken unserer Kirche läuteten 
— an ihrem Divisionskommandeur vorbeimarschierten. 
Wie funkelten noch so nagelneu die Eisernen Kreuze an 
der Brust vieler Offiziere und auch schon mehrerer Sol 
daten. Wie jubelten wir in unserer Freude, auch 
Dankbarkeit unsern Befreiern zu! Wie wurden von alt 
und jung, von Bemittelten und weniger Bemittelten Spei 
sen und Getränke: Butterbrote, Bier, Zigarren herange 
schafft zur Stärkung für unsere braven Truppen! — Ja» 
es war ein großer Freudentag, der uns Zurückgebliebene 
reichlich entschädigte für manches Unangenehme und 
Schwere, was wir unter der Russenherrschaft erlebt hatten. 
Unter den Reitern, die an diesem Tage durch unsere 
Stadt zogen, waren auch mehrere Söhne unseres Kreises, 
liebe Bekannte, einstige Konfirmanden. Wie mag ihnen 
das Herz geschlagen haben in jener Stunde, da sie als 
Sieger hoch zu Roß in unsere Stadt einrückten, wie 
freuten aber auch wir uns so von Herzen, wenn sie uns 
im Vorbeireiten den „Guten Morgen" zuriefen. Einen 
von ihnen — aus einem benachbarten Kirchspiel — der 
noch an demselben Tage sein Heimatdorf und seine elterliche
	        
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