Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

gab es besonders viel Kopfzerbrechen — um ihrem Toten 
ein Kreuz mit einer Inschrift zu setzen. Als sie ihrem 
Wunsche entsprechend alles erhalten hatten, waren sie 
dankbar und zufrieden und ließen uns bei unserer Trauer 
feier unbehelligt. 
Am anderen Vormittage verließen die Kosaken, nach 
dem sie sich alle, vom Rittmeister bis zum einfachen Sol 
daten, 3 Mal bekreuzt und ein Hoch auf den Zaren aus 
gebracht hatten, unsere Stadt. — Im Namen Jesu alsp 
begannen diese russischen Streiter ihr Tagewerk. Wie 
wenig waren sie aber doch dessen eingedenk. Wie wnr 
ihnen doch das Rauben, Plündern, Stehlen, vielen auch 
das Morden sozusagen zur zweiten Natur geworden. 
Vor einer dauernden Einquartierung blieben wir er 
freulicher Weise für die Folgezeit bewahrt. — Zwar 
hatte eine größere Train- und Bagagekolonne unmittel 
bar vor der Stadt ein Lager bezogen und hielt sich in 
demselben annähernd 3 Wochen auf. Die Mannschaften 
dieser Abteilung kamen und gingen, plünderten auch wohl 
hier und dort, namentlich in den leerstehenden Wohnungen 
nach Herzenslust und boten — es war zu drollig — die 
gestohlenen Gegenstände, wie Regulatoren u. a. den zu 
rückgebliebenen Einwohnern zum Kauf an, — worauf 
diese dann auch meist bereitwilliger Weise eingingen, um 
ihren geflüchteten Mitbürgern wenigstens etwas zu retten. 
Im großen und ganzen aber hielten die befehligenden 
Offiziere — sie stammten meist aus den Ostseeprovinzen 
und waren der deutschen Sprache vollkommen mächtig — 
auf Zucht und Ordnung. Den Kaufleuten war es aufs 
strengste verboten, den russischen Soldaten alkoholische Ge 
tränke zu verabfolgen. Hin und wieder wurde aber doch 
wohl gegen dieses Verbot verstoßen. Das führte 
dann manchmal zu unliebsamen, aufregenden Auftritten. 
Einen solchen möchte ich in diesem Zusammenhang kurz 
schildern. Ein paar russische Soldaten hatten sich tüchtig 
angetrunken und betrugen sich auf der Straße recht un 
manierlich. Ohne jede Veranlassung hatten sie einen Bür 
ger, der ruhig vor seinem Garten stand, bedroht, gestoßen 
und geschlagen. Dieser eilte so schnell er konnte, zu dem 
befehligenden Offizier, der gerade im Begriff war, das
	        
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