Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

242 
der Zuschauer spielen, wobei aber für uns diesmal manch 
wertvoller Brocken abfiel durch die Unterhaltung, in der 
wir nun etwas vom Kriege und seinen Strapazen er 
fuhren, ihnen dagegen russische Anschauungen vom Kriege 
auftischen konnten. Besonders der Hauswirt war darin 
freigebig und würzte das Mahl mit recht derben Kraft 
ausdrücken. Die Ordnung am nächsten Morgen beim Ab 
marsch gab jedem Deutschfühlenden das Bewußtsein der 
Sicherheit. Nun war für uns auch die Möglichkeit 
gegeben nach Bialutten zu kommen. Freundlichst spannte 
der Besitzer D. seinen guten Wagen an, um uns bis ins 
nächste Dorf meiner Parochie zu bringen. Aber unter 
wegs schreckte uns das Gerücht, Kosaken sollten in der 
Nähe sein. Wenn auch mit etwas Bangen und aufmerk 
samem Ausschauen nach jedem Berg und jedem Baum 
oder Gebüsch in der Nähe des Weges fuhren wir doch 
weiter. Beruhigend wirkte der Anblick einiger Leute, die 
auf den Feldern arbeiteten. Andere konnten uns noch 
erzählen, wie sie die Russen nicht bloß laufen, sondern 
hätten jagen sehen, um bloß nach der Grenze zu kom 
men. Bei diesen Erklärungen und eigenen Beobachtungen 
kam mir der Divisionsbefehl desselben Tages, den ich 
zufällig gehört hatte, verkehrt vor; denn darin war ge 
sagt, die betreffende Division, zu der die im Quartier 
liegenden Soldaten gehörten, sollten durch ihren Marsch 
auf Neidenburg-Muschaken dem Feind die Rückzugs 
linie abschneiden und der war doch meines Erachtens 
schon längst nach Süden entkommen. Ja so kann man 
mitten in den Ereignissen drin sein und macht sich doch 
ein falsches Bild. Wer konnte von uns auch ahnen, wie 
viel Russen und wieweit sie gekommen seien. So kam 
ich denn wieder in meine Gemeinde, aber wieder wurden 
Gerüchte laut, daß in Bialutten noch Russen seien; doch 
ich hatte nur den einen Wunsch: nach Hause! Sonntag 
hoffte ich denn in meinem Hause zu sein. Es sollte ein 
recht bewegter Sonntag werden. 
VI. Ein Angst sonn tag. 
Nach Hause ging's ja und welche Freude: die Häuser 
standen noch alle; und da am Eingang waren auch Men-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.