Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

tier, zu. Dort wird mir weinend mitgeteilt, daß ein 
Kosak in die Küche eingebrochen sei und vieles zerstört 
habe, auch sonst wären die Frauen in Sorge. Da wollte 
ich denn den Herrn General sprechen und drang in die 
Gegend vor, wo sein Zimmer liegen sollte; ich stoße auch 
auf eine Gruppe von Offizieren, die aber meine An 
rede (deutsch) nicht verstehen, da kommt aber von der 
anderen Seite ein Militärarzt angelaufen, der energische 
Bewegung mit der Hand nach seinem Halse macht und 
mir entgegenruft: „2 Stunden baumeln, baumeln." Er 
meinte aber nicht mich, sondern jeden, der da plündern 
würde, dem sollte dies Los widerfahren. Also der gute 
Wille zur Bestrafung der Abeltäter schien ja da zu sein- 
In der Küche tischte derselbe Arzt uns allen eine 
große Neuigkeit auf: „Kaiser Franz Josef ist tot," mit 
dem Bedauern für den Thronfolger, der sein Amt in 
schwerer Zeit antreten müsse. Aber das Ende des Krieges 
wollte er schon damals wissen, daß in spätestens vierzehn 
Tagen auf diplomatischem Wege ein Ende gemacht wer 
den müßte dem grausigen Morden, das ihn tief ergriff, 
„denn sonst haben wir die Revoluzie in Rußland." Es 
waren noch anständige Truppen, die wir dort kennen 
lernten, aber wie haben sie schon gehaust in einigen 
Wohnungen; zwei Männer aus dem Nachbardorf 
sind fortgeführt worden, ein Mann und dessen Neffe 
sind erschlagen, ein Gehöft ist verbrannt worden, das 
waren unerfreuliche Eindrücke, die sie hinterließen. 
Um 6 Uhr sollte der Aufbruch sein. Es wurde gegen 
11, als ein deutsches Flugzeug ihren Abzug beschleunigte- 
Das war die erste Bekanntschaft mit den Russen. 
IV. Im Krankenhaus. 
„Herr Pfarrer, stehen Sie auf; denn hier soll eine 
Schlacht stattfinden und wir müssen fort." Damit wurde 
ich Montag, den 10. August, früh geweckt, und mir war 
so elend zu Mute. Aber die kommende Schlacht kann 
einen schon auf die Beine bringen. Das Haus wurde 
abgeschlossen, die Stalltüren geöffnet, das Vieh losge 
lassen, Kartoffeln und Gerste noch auf den Hof geschüttet 
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