Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

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die Müdigkeit, so daß ich mich angekleidet niederlegte. 
Nach kurzem Schlummer weckte mich ein Pochen an der 
Tür. Es war der mir bekannte Quartiermacher mit 
einem Soldaten, der mir nun die Gewißheit brachte, daß 
ich auf meine Einquartierung verzichten müßte. Aber das 
Feuer beruhigte er mich auch, da er die Schuld den 
Kosaken beimaß, die ihm selbst höchst unangenehm zu 
sein schienen. Er warnte mich vor ihnen, riet mir, das 
Haus nicht zu verlassen, weil ein Kosakendoppelposten 
nicht weit von meinem Hause stände. Dann bat er mich 
um Brot. Was ich hatte, gab ich; es war nicht viel und 
das wenige sollte gar nicht einmal für ihn sein — da 
hätte es zur Not gelangt —, sondern für seine Leute, 
für die es völlig unzureichend war. Die Russen hatten 
eben für Verpflegung gar nicht gesorgt und da das Gast 
haus und die Bäckerei sofort von einigen geplündert 
waren, so hatten die anderen gar nichts. 
Nun konnte ich endlich schlafen gehen, wohlbehütet 
von einem Kosakendoppelposten. Morgens früh ein Pol 
tern, daß ich erschreckt auffahre. Ein Kosak schaut zum 
Fenster herein. Ich öffne nun das Fenster und da ent 
spinnt sich folgendes Zwiegespräch: „Ich will Brot." — 
„Ich habe keins." — „Dann Geld zu Brot." — „Habe 
ich nicht, der Offizier hat alles genommen." „Deutscher?" 
„Nein russischer Offizier." (Die Frage hatte ich wohl 
falsch verstanden, der Kosak fragte wahrscheinlich mich, 
ob ich ein Deutscher wäre, die Unterhaltung ging näm 
lich polnisch.) Dann erblickte er einige Gänse. „Sind 
das Ihre Gänse," ich bestätige es, worauf er mit schnellem 
Griff die eine packt und nun weiter fordert: „Messer." 
„Nein du hast deinen Säbel." Darauf holt er sein Messer 
doch aus der Tasche und beginnt die Gans zu schlachten, 
da muß mich der Hafer stechen, daß ich frage: „Aber 
wer bezahlt mir die." Doch der Blick, der die Gegen 
frage begleitete: „Was hat der Herr gesagt?" war für 
mich Antwort genug, daß ich auf weitere Unterhaltung 
gerne verzichtete. Aber die Gans hat er doch nicht essen 
können, sie war noch nicht gar, als die Soldaten abziehen 
mußten. Doch jetzt am Tage ging ich denn auch getrost 
am Kosakenposten vorbei nach dem Gut, dem Hauptquar--
	        
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