Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

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andere Lazarett, und der Lange beklagte sich schriftlich 
bitter, daß er nun „allein" in der Front stehen müsse. 
Aus Feldpostbriefen und Erzählungen. 
Sogleich nach dem Examen lief ich von Regiment zu 
Regiment, um mich sofort in Königsberg einstellen zu 
lassen. Alles besetzt, bis mich jemand an die Pioniere 
wies. Hier erwischte ich gerade den letzten leeren Platz, 
erhielt aber noch keine Uniform. Es war recht genabel, 
in Zivil herumzulaufen, wo doch alles, was gehen konnte, 
in Uniform steckte! Man wagte sich nicht auf die Straße; 
da sagte mein Freund: „Lege dir wenigstens eine .Hurra- 
mütze' zu, damit du in etwas feldgraue Begeisterung vor 
zeigen kannst!" Der Mann hatte Recht. 
Wir hatten tagelange Märsche hinter uns und müß 
ten einige Stunden im strömenden Regen stehen und das 
Weitere abwarten. Die Kräfte waren zur Neige gegangen 
und einer nach dem anderen von uns legte sich, den 
Tornister als Kopfstütze etwas nach oben geschoben, nie 
der. Wir schliefen so wohl vier Stunden, Ende November, 
im Wasser, und als der Befehl zum Weitermarsch kam, 
mußte der Oberleutnant alles „ableuchten", damit nie 
mand übersehen wurde und etwa liegen blieb. — 
Sturm auf ein Dorf in Rußland, das in kurzem 
erobert wurde. Dann ging's an das Durchsuchen der 
einzelnen Häuser nach versteckten Feinden. Ein Teil der 
selben gab sich sogleich gefangen; was Widerstand leistete, 
wurde niedergemacht. Einer von uns, der zufällig gerade 
„am dransten" war, öffnete eine Tür, die anderen drangen 
hinein. So auch einmal in ein Dachgeschoß eines Hauses, 
das sich unten als leer erwiesen hatte. Ein Kamerad riß 
die Tür auf, wir dreie drangen mit vorgehaltenem Ge 
wehr ins Zimmer, blieben starr stehen und riefen die 
bedeutsamen Worte: „Mensch! Appel!" Hungrig und 
durstig, wie wir waren, machten wir uns sofort über den 
Fund her und steckten uns dann Taschen und Brotbeutel 
voll. In kurzem kamen noch 20 Mann, die auch ihr Teil 
abkriegten. — 
In einem Quartier passierte es bei der Beschießung, 
daß eine Granate auf der Straße explodierte und ,ein 
Splitter durch das Fenster in die gegenüberliegende
	        
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