Volltext: Kriegserlebnisse ostpreußischer Pfarrer 2. Band (2. Band / 1915)

die Fenster klirrten. — Man muß sich auf Wiederholun 
gen solcher Attentate gefaßt machen und soll Abwehr 
kanonen aufgestellt haben. Beabsichtigt war die Vernich 
tung eines Munitionszuges; die ganze Sache dauerte 
30 Minuten. Neulich wurde auch Neidenburg bombar 
diert. 
Der Lehrer-Unteroffizier, der den Angriff der russi 
schen Kavalleriebrigade bei Soldau abschlagen half, er 
zählte u. a., es seien fast überall bei den Kompagnien 
Hunde gewesen, die sich sehr anhänglich zeigten. Einmal 
ist aber aus einem Dorfe bei Tannenberg auch eine weiße 
Ziege mit der Kompagnie mitgegangen, die alles mitzu 
machende mit großer Energie mitmachte. Sie zog auf 
dem Marsche mit und benahm sich auch beim Sturm 
tadellos; sie stürmte in der vordersten Reihe mit, legte 
sich hin, sobald das Kommando „Hinlegen" ertönte, 
atmete stark, schüttelte den bärtigen Kopf, sobald die 
Kugeln sie umsummten, die sie wohl für Bienen gehalten 
haben mag und kam auch abends ins Quartier gezogen, 
bis sie infolge soldatischen Nahrungsmangels ihr tzel- 
denleben lassen mußte. Wer mit ihr stürmte, wird sie in 
treuem Angedenken behalten; sie war ein gutes, zutrau 
liches Tierchen gewesen. — 
Da waren drei Unzertrennliche, Jungen aus unserem 
Dorfe, des Kirchschullehrers und einige Handwerkersöhne, 
die ich eingesegnet habe. Sie hatten zusammen die Schul 
bänke gedrückt, waren zugleich in einen Sanitätskursus 
in Soldau eingetreten, hatten sogleich im Kriege als 
Krankenpfleger mitgewirkt und gingen nach Königsberg, 
um sich im Krankendienste weiter ausbilden zu lassen. 
Hier überlegten sie sich, daß sie als Sanitäter hinter der 
Front doch immer dem Kugelregen ausgesetzt seien, und 
da wäre es denn schon „egal", wenn sie in die aktive 
Truppe einträten. Und schon sah man die 17 jährigen 
im Schützengraben, wo sie viele Gefechte mitmachten. 
Die beiden Willys auf dem Marsche, im Quartier, im 
Graben, überall Schulter an Schulter, der lange Emil 
oben am rechten Flügel. Dann kam die Trennung. Der 
Lehrerssohn erhielt einen Brustschuß, dicht über dem 
Herzen, der andere „bekam" ein Geschwür und ging ins 
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