Volltext: Katholische Dichtung

VERLAG JOSEF KOSEL & FRIEDRICH PUSTET MÜNCHEN 
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PAULA VON PRERADOVIC: 
LIED BEI MORGENGRAUEN 
Die Welt ift ohne Ende, 
Die Welt ift ohne Saum, 
Aus dämmerndem Gelände, 
Da fteigen Berg und Baum. 
Die Welt ift voll von Wegen, 
Die Welt ift voll von Leid. 
Ich hab 5 fo fanft gelegen 
In tiefer Dunkelheit. 
Der Träume Land war linde 
Wie Haare einer Lrau; 
Maria mit dem Kinde 
Ging durch das Himmelblau. 
Ich küßte ihre Hände, 
Ja küßte fie im Traum. — 
Die Welt ift ohne Ende, 
Die Welt ift ohne Saum. 
Entnommen aus: Paula von Preradovic „Südlicher Sommer“. Gedichte. 8°. ioj Seiten. Bro- 
jchiert M. 2.50. In Leinen M. 4.— 
„Auf diefe innig®reinen Gedichte feien die Freunde der Lyrik aufmerk® 
fam gemacht: fie find von lieblicher Melodik, wie fie wohl Vorzugs® 
weife in der öfterreichifchen Seele entlieht; und fie haben die fchwer® 
mutige Kraft des kroatifchen Volkes, aus dem die Dichterin von Vaters® 
feite her flammt. Felix Braun im „Hamburger Fremdenblatt“ 
MARIA VERONIKA RUBATSCHER: 
EIN KUSS . . . UND STEINE UND PRÜGEL 
Vier Jahre Akademie trug der Meifter mit der Schnapsflafche auf feinem j 
fchiefen Buckel. Bei vier Berühmtheiten ift er in die Lehre gegangen. In vier 
Monaten hat ihn der Seppl überholt. Wie wenn im Lrühling die kahlen 
Äfte fchwellen und treiben, aus fchwellenden Knofpen in treibender Sonnen- 
fehnfucht die Blüten brechen und Lrucht anfetzen, fo zeitigte in Seppl Blüte 
und Lrucht, was manchen Winter lang in ihm verfchloffen lag. Tag und 
Nacht fchaffte er, ohne müd zu werden. Leben braufte in ihm. 
Leben haute er aus totem Holz mit der Kraft der Jugend, die an Brennfuppe 
und Schmalzfriegeln ftark geworden ift. Die hinterm Pflug über die dampfende 
Erde fchritt, beim Holzen und Mufeltreiben im weißen Hochwald vielmals 
das Leben wagte und wieder gewann. 
Leben atmeten feine Statuen. Sie waren nicht Gefchöpfe der kargen und 
kalten Schablone. Sie waren Kinder eines warm fühlenden Künftlers.
	        
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