Volltext: Sperrfeuer um Deutschland

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Kein Tag dieser viereinhalb Monate vergeht ohne Trommelfeuer, 
keiner ohne größere Gefechtshandlung, weder an den örtlichen Ver 
änderungen, noch an den lebendigen Verlusten, noch an dem Material 
aufwand ist das Ergebnis dieser furchtbaren Schlacht zu messen. 
wer ist der Sieger- wer ist besiegt- 
Fest steht nur, daß die Franzosen und Engländer den Durchbruch 
an der Somme ebensowenig erreicht haben wie die Deutschen den 
vor Verdun. Für die Franzosen lag bei Verdun die Krise der Ver. 
teidigung im Anfang der Schlacht. Für die Deutschen lag die Krise 
an der Somme im letzten Drittel. 
will man die Bedeutung der Schlacht für die schließliche Ent- 
scheidung des ganzen Krieges erkennen, so tappt man, wie bei fast 
allen Schlachten dieser Art, beinahe völlig im Dunkeln. Es fehlt 
jeder exakte Maßstab. Es fehlt jede sichtbare Entscheidung. Und den 
noch liegen die wurzeln des Kriegsausgangs gerade in diesen Schlach 
ten. Sie bloßzulegen ist mehr Sache des Gefühls als der Berechnung. 
Die blutigen Verluste der Entente sind höher als die der Deut 
schen. Aber sie entscheiden nicht. Die Verluste an kampfgeübten Sol 
daten und Offizieren wiegen gleich schwer hüben und drüben. Die 
Einbußen an Material sind für die Entente schwer, aber ersetzbar. 
Für Deutschland sind sie im Augenblick noch ersetzbar. 
Eine andere Beobachtung aber verschiebt das Bild ganz wesentlich. 
Der Soldat der Entente ist, entsprechend dem Materialverhältnis, 
etwa nur einem Sechstel der Artilleriewirkung ausgesetzt, wie sie der 
deutsche Soldat ertragen muß. Der Entente-Soldat erträgt diese 
auf ein Sechstel reduzierte Wirkung in einem viel kürzeren Zeit 
raum als der deutsche. Die Überlegenheit an Zahl ermöglicht seine 
raschere Ablösung. Der deutsche Soldat ist damals schon schlechter 
ausgerüstet als der Soldat der Gegenseite. Es muß überall gespart 
werden. Schließlich beginnt auch schon die (Qualität der Ernährung 
bedeutend nachzulassen. 
Alle diese Momente müssen sich, je länger der Krieg dauert, um 
so stärker auswirken. Der Entente-Soldat darf mit einer Erleichte 
rung seiner Lage rechnen, der deutsche aber muß ihre ständige Ver 
schlechterung erwarten. 
Hier liegt der unsichtbare Teil der Entscheidung, der aber der 
wichtigste ist. Er ist seelischer Art. 
On einer solchen Höllenprobe scheiden sich die Geister. Ein kleiner 
Teil der Überlebenden entwickelt sich zu jenem Typ des deutschen 
Soldaten der Abwehrschlachten, der durch nichts mehr zu erschüttern 
ist. Er ist der eigentliche Held dieses Krieges. In den nachfolgenden 
Schlachten schmilzt sein Bestand zusammen. Das grausame Gesetz des 
Verbrauchs hat ihn verschlungen. Er modert vor Verdun, an der
	        
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