Volltext: Das Martyrologium

— 4 — 
stantin I., nachdem er um das Jahr 313 der christlichen Kirche nicht 
nur Duldung, sondern volle Freiheit gewährt hatte, im Geleite seiner 
erlauchten Mutter Heleua daran, christliche Tempel und Kirchen zn 
erbauen. Uud zwar waren die angeordneten Oratorien, Sacellen und 
Basiliken zum hl. Erlöser, z-nm hl. Kreuze, zum hl. Geist, zu Uuser 
lieben Frau die ersten; dann kommen die zn Ehren der hhl. Apostel, 
die Peterskirchen vor Allem, nnd der gleichzeitig Hingeschiedenen, des 
hl. Stephanns, des hl. Laurentius uud St. Sebastiauus, dann die 
dem hl. Erzengel Michael, dem hl. Georg und der hl. Margaretha 
gelveihteu zuverlässig schou aus dem 4. Jahrhunderte. 
Noch mehr vollbrachte er zu Constantinopel, auch zu Jerusalem, 
iu Syrien, ain Rhein und in Britannien. Ebenso ruhrig waren beide 
Majestäten — Mutter und Sohlt — iu Bezug auf die Auffindung, 
Sammlung/ Wahrung nnd Vertheilung der hl. Leiber nnd Reliquien.^ 
Dieses welthistorische Factum des Martyrerthnms hat aber auch das eigen- 
thümliche Wesen der katholischen Kirche bekundet. Wie sie nämlich ganz in den 
Leib Christi aufgenommen ist, so theilt sie auch mit ihm das Marter- 
thum des Kreuzes. Darum starben auch nur ihre Bekenner so häufig und freudig, 
während von den Häretikern und Schismatikern nur sehr wenige den Tod der 
Märtyrer litten, sich nicht als Aeste des Kreuzes zeigten! Diese nannten 
den Martyrertod einen Selbstmord, da das Bekenntnis im Inneren genüge. 
Doch die katholische Kirche erklärte solche Ausflüchte als Beschönigung der Feig- 
heit, als verdammlich; denn ihr unabänderlicher Grundsatz war, die innere 
Gemeinschaft aller Gläubigen müsse sich in einer entsprechenden äußeren be¬ 
tätigen; wer den Glauben int Herzen trage, müsse ihn, wo es gelte, auch offen 
bekennen; die innere Verbindung mit Christus gehe verloren, wenn die äußere 
verleugnet wurde. Ehe sich daher die Christen von Christo, dem Leben, trennten, 
sagten sie vielmehr: Sterben ist unser Gewinn, und feierten den himmlischen 
Geburtstag. 
Während nun die Verlengner des Christenthums oft in großer Anzahl ans 
der kathol. Kirche gestoßen wurden, betrachteten sich die Zurückgebliebenen mit den 
Märtyrern fortwährend unsichtbar verbunden; man erfreute sich an der Verküu.di- 
guug ihrer Namen in den gottesdienstlichen Versammlungen, vereinte sich zur 
Feier der heil. Geheimnisse auf ihren Gräbern an dem Jahrestag ihrer glor- 
reichen Geburt für den Himmel, errichtete Kapellen und Kirchen über ihren 
Gräbern, uud verehrte ihre irdischen Gebeine als das für die Verklärung zn 
einein höheren Dasein bestimmte Organ einer geheiligten Seele. Gegen etwaige 
boshafte Verleumdungen der Heiden verwahrten sie sich durch die feierliche Er- 
kläruug: „Christum bekennen wir als den Sohn Gottes, die Märtyrer aber lieben 
wir innigst, wie sie e5 verdienen, als Schüler und Nachfolger des Herrn wegen 
ihrer überschwänglicheu Liebe zu ihren: König und Herrn, sie, deren Genossen 
uud Mitjünger zn werden, anch unser Wunsch ist." Alzogs Universalgeschichte 
der christlichen Kirche. Mainz, 1850, § 70. S. 137—138. 
') Vor Allem wurden die Gebeine der Märtyrer gesammelt, und ihren 
Familien und den Gemeinden als heilige Unterpfänder ihrer gläubigen Zuversicht 
anheimgegeben. Wie groß war nicht die Ernte auf deu Blutgefilden der gesummten 
Christenheit! Diese Leiber und Reliquien der Märtyrer erhielten mm eine ehren¬ 
volle Beisetzung, uud über ihren Ruhestätten erhoben sich nun Altäre, Saeellen 
und Kirchen allenthalben im ganzen römischen Reiche, und zwar unter Widmung 
theils des alten heidnischen und reichen Tempelgutes, theils mittels neuer Fuudatiou 
an Grund und Boden.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.