Volltext: Reform des Leseunterrichtes

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da in dieser Methode jedes Vorwärtsschreiten zugleich auch immer eine 
Wiederholung ist — gerade so, wie bei der Grub eichen im elemen 
taren Rechnen —; sie geht von einem Punkte aus und zieht immer 
weitere Kreise, behält aber den Ausgangspunkt stets im Auge; kurz, 
sie ist die zur Tat gewordene Konzentration. 
5. Ist sie gerade aus diesen Gründen und namentlich aus dem letzten 
jene Methode, welche für alle Schulverhältnisse anwendbar, ja für alle 
Schulkategorien die geeignetste überhaupt ist; daher sowohl für die 
ein- und melirklassigen Schulen, als auch für die minder besuchten und 
ebenso überfüllten Klassen. Diesen letzten Umstand (überfüllte 
Schulklassen) haben sogar die Verteidiger der Normalwörtermethode 
häufig als ein Hindernis ihrer Anwendung anerkannt — erweist sich 
aber nach meinem Vorgänge als nicht zutreffend, bestätigt viel 
mehr meine gemachte Behauptung in Bezug auf überfüllte Schul 
klassen ganz und gar. 
6. Das ganze Verfahren bietet einen solchen zwanglosen, freien Vor- 
und Fortgang, gewährt eine solche Mannigfaltigkeit in der Einübung 
der einzelnen Wortbilder, daß sich jedes Kind selbst im scheinbaren 
Zwange frei fühlt; es kommt alles so von selbst, aus dem Voraus 
gehenden herauswachsend, wie Zweig und Blatt dem Stamm ent 
sproßt. 
7. Mit dieser zwanglosen Freiheit kommt die Liebe zur Sache und 
im Bewußtsein, daß man im geschriebenen Namen schon Ganzes 
vermag, tritt das Kind auch mit dem ersten Schritte im Schreib 
leseunterrichte in die volle lebendige Sprache ein — was beim Ein 
üben der Buchstaben nach der synthetischen Methode nie erreicht 
werden kann. Der leblose Buchstabe läßt das Kind gleich-, 
gültig — anders aber verhält es sich mit dem Worte, das seine 
Zunge in der Kindessprache übt und gebraucht. 
8. Diese Methode bietet den liebsten Stoff zur Selbstbetätigung der 
Kinder, sie werden nie müde im Ab- und Nachschreiben der „(Nor 
mal-) Wörter“, sie schreiben selbe ebenso aus dem Gedächtnisse stets 
mit der gleichen Lust und Liebe und welche Freude über das erste 
Gelingen des richtig geschriebenen Wortbildes! Ein solches Wort 
schreiben sie ungezählte Male auf ihre Tafel, während sie bei dem 
bloßen Nachmalen eines Buchstaben (wie sie die synthetische Methode 
vorführt) bald ermüden und unruhig werden — er ist und bleibt 
ihnen ein bloß lebloses Zeichen. Diese Methode ist daher so recht 
für Schulkategorien mit mehr Abteilungen geeignet, wo man ganz 
besonders auf einen Stoff für stille Selbstbeschäftigung angewiesen ist. 
9. Nachdem diese „(Normal-)Wörter“ den Sachnamen aus der Umgebung, 
dem Ideenkreise der Kinder möglichst und zunächst zu entnehmen 
sind, werden sie so recht ein Band zwischen Schule und Haus, eine 
Überleitung von diesem in jene und es wird ihr Wissenskreis durch 
freundliche, unterhaltende Gespräche in dieser Ideenwelt erweitert 
und erläutert. 
10. Keine Methode gewährt solchen Spielraum und Gelegenheit zum 
Bilden neuer Wörter, als diese, indem durch Wegnahme und Zugabe 
von Buchstaben, durch Verwechseln mit anderen Lauten (Buch 
staben) etc. solche geschaffen werden und welche Geistesgymnastik
	        
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