Volltext: Die Ostalpen und Österreich

BAU UND ENTSTEHUNG 
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So gleichen also unsere prächtigen Berggestalten ihrer Entstehung nach am ehe 
sten einem Kunstwerk, das der Bildhauer mit Hammer und Meißel in unzähligen 
Schlägen aus dem rohen Marmorblock herausformt. 
Als die Faltungsbewegungen schon längst zum Abschluß gekommen waren, ragten 
die Ostalpen noch nicht zu ihrer heutigen Höhe empor, vielmehr stellten sie eine 
niedrige Mittelgebirgslandschaft dar. In direktem Lauf zogen die Flüsse der 
Zentralalpen über die nur wenig über den Meeresspiegel aufragenden Kalkalpen 
hinweg und schufen in deren niedrigen Hügelländern breite Verebnungen. Erst 
nachträglich entstanden die großen Längstäler, welche die Kalkalpenflüsse ihres 
zentralalpinen Oberlaufs beraubten. Zugleich wurde das Gebirge in mehreren 
Abschnitten als Ganzes gehoben, so daß die großen Flußverebnungen heute aus 
gedehnte Hochflächen in Höhen von über 2000 m bilden. Noch jetzt hegen aber 
auf ihnen kleingeröllige Kieselschotter als Zeugen der alten, in den Zentralalpen 
wurzelnden Flüsse, die zeitweise ihren Weg im wasserdurchlässigen Kalk auch 
unterirdisch nahmen, wo sie jene weitverzweigten und großartigen Höhlensysteme 
ausgenagt haben, die wir heute 
im Dachstein und Tennen 
gebirge bewundern. 
Jede Hebung des Gebirgs 
körpers belebte die Tiefen- 
nagung der Flüsse, während 
in der Zwischenzeit Seiten- 
nagung vorherrschte, welche 
die mehr oder minder brei 
ten Terrassen der Ostalpen 
täler schuf. Besonders im 
Hintergrund der Täler, bis wo 
hin die tiefe Zerschneidung 
durch die Flüsse noch nicht 
vorgedrungen ist, haben sich die Formen des alten Reliefs gut erhalten und 
führen uns noch jetzt ein mittelgebirgsartiges Landschaftsbild mit breiten Tal 
böden und flachen Hängen vor Augen, wofür uns besonders die Umgebungen der 
alpinen Schutzhütten lehrreiche Beispiele liefern. Mit scharfen Kanten brechen 
aber diese alten Flächen gegen unten ab, und unvermittelt setzen mit jäh ab 
stürzenden Wänden die tiefen Einschnitte der jungen Hochgebirgstäler ein. 
Das Werk der Flüsse erfuhr in der Eiszeit eine weitgehende Um 
formung durch die zu einem riesigen Eisstromnetz angeschwollenen Gletscher, 
die alle Täler erfüllten und sich noch weit in das Vorland hinausschoben. Neben 
einer Senkung der Temperatur um einige Grade und dem fortschreitenden Auf 
steigen des Gebirges zu immer größeren Höhen war es dabei wesentlich die vorhin 
gekennzeichnete Entwicklung der Ostalpen, die zu einer so gewaltigen Verglet 
scherung führte; denn eine Absenkung der Schneegrenze brachte ja zunächst die 
ausgedehnten Reste der alten Landoberflächen in den Bereich des ewigen Schnees 
und mußte sie zu Nährflächen und Ursprungsstätten von gewaltigen Gletschern 
machen. Nur die höchsten Kämme ragten in der Eiszeit über die Gletscher empor, 
deren Oberfläche in den innersten Tälern nahe bis 3000 m emporreichte und sich nur 
allmählich gegen das Vorland hinaus senkte; bei Innsbruck lag sie aber noch immer 
bei 2000 m Höhe und ebenso hoch im Bozener Becken. Nicht immer folgten die 
Das Erdbild der Gegenwart 27 
Querprofil eines Trogtales (unterer Taltrog des Anlauftales 
im Ankogelgebiet; T T die ergänzte Hochtalsohle) 
(Nach Creutzburg)
	        
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