Volltext: Die Ostalpen und Österreich

DIE REPUBLIK ÖSTERREICH 
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berühren, eine unmittelbare Verbindung mit dem Osten. Auch die erste Fluglinie, 
die von Frankreich nach dem Osten führte, verlief unter Umgehung Deutschlands 
durch Österreich. 
Da sich ein engerer wirtschaftlicher Zusammenschluß mit den übrigen Nachfolge 
staaten bisher ebenso unmöglich erwiesen hat wie der Anschluß an das Deutsche 
Reich, ist Österreich auf seine eigenen Hilfsmittel angewiesen. 
Zwar nimmt trotz der Gebirgsnatur des Landes das Ödland nur 10% der Gesamt 
fläche ein, aber das zur Verfügung stehende Kulturland reicht zur Ernährung 
der Bevölkerung bei weitem nicht aus, so daß ein Großteil der Nahrungs- und 
Genußmittel eingeführt werden muß, der allerdings durch die Hebung der land 
wirtschaftlichen Erzeugung eine ständige Verminderung erfährt. Nur 24% des 
Bodens können als Ackerland verwendet werden, 28% entfallen auf Wiesen und 
Weiden. Die größte Fläche bedeckt der Wald mit 38% der Gesamtfläche. Im Holz 
liegt neben dem Eisenerz, den Wasserkräften und der landschaftlichen Schönheit 
der größte wirtschaftliche Reichtum Österreichs. Nicht weniger als 128 000 
Waggon Holz gingen im Jahre 1924 außer Landes, davon 50% nach Italien, 
25% nach Deutschland, 17% nach der Schweiz. Der jährliche Holzzuwachs 
der österreichischen Wälder beläuft sich auf etwa 9V 2 Millionen Festmeter. Die 
auf den reichen Holzvorräten fußende Papierindustrie liefert neben der Eisenindu 
strie die größten Warenmengen für die Ausfuhr. Die Gesamterzeugung betrug 
im Jahre 1924 über 17000 Waggons, daneben 15000 Waggons Zellulose. 
Besonders wichtig ist die große Zahl der vorhandenen Wasserkräfte, von denen 
1,7 Millionen PS ausnützbar sind, deren Ausbau schon sehr erfreuliche Fortschritte 
gemacht hat. Dies ist wirtschaftlich von um so größerer Bedeutung, als Österreich 
nur rund V? seines 16 Millionen Tonnen betragenden Jahresbedarfes an Kohlen 
selbst decken kann und die fehlende Menge einführen muß. Bei vollständiger 
Ausnützung der Wasserkräfte würde sich der Kohlenbedarf auf die Hälfte ver 
mindern. 
Der Fremdenverkehr ist noch im Wachstum begriffen; im Jahre 1924 kam rund 
eine Milhon Ausländer nach Österreich, davon mehr als 1 / 3 aus dem Deutschen 
Reich. 
Die alte österreichisch-ungarische Monarchie kam dem Ideal eines sich selbst ge 
nügenden Wirtschaftskörpers ziemlich nahe, indem die westlichen Länder haupt 
sächlich den Bedarf an Industrieprodukten deckten, die östlichen hingegen die 
erforderlichen Überschüsse an landwirtschaftlichen Erzeugnissen liefern konnten. 
Die stärkere Industrialisierung der westüchen Teile der ehemaligen Monarchie 
zeigt sich darin, daß das neue Österreich vom alten 31% der in gewerblichen 
Betrieben, hingegen nur 15% der in Land- und Forstwirtschaft tätigen Personen 
übernommen hat. Die Aufteilung der Monarchie konnte die wirtschaftlichen 
Wechselbeziehungen der einzelnen Länder nicht mit einem Schlage aus der Welt 
schaffen, wenn auch die übrigen Nachfolgestaaten alles unternommen haben, um 
durch Hochschutzzölle und Einfuhrverbote eigene Industrien ins Leben zu rufen. 
Daher spielt, wie uns die Ziffern der Handelsstatistik zeigen, der Handelsverkehr 
mit den Nachfolgestaaten, besonders mit der Tschechoslowakei und mit Süd- 
slawien, im neuen Österreich eine große Rolle. Trotz dieser lebhaften Handels 
beziehungen kann aber Österreich infolge des mangelnden Absatzes seiner In 
dustrien nicht seine volle Leistungsfähigkeit ausnützen und hat ständig unter 
großer Arbeitslosigkeit zu leiden. Zeitweilig war daher auch die Auswanderung
	        
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