Volltext: Die Ostalpen und Österreich

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D IE ALPENLÄNDER: OSTALPEN 
DIE REPUBLIK ÖSTERREICH 
Fünf Staaten teilen sich seit der Neuregelung der Grenzen nach dem Weltkrieg in 
den Besitz der Ostalpen. Während aber vier davon, Deutschland, die Schweiz, 
Italien und Südslawien, die weitaus größten Flächen ihres Staatsgebietes außer 
halb der Ostalpen liegen und nur an deren Randlandschaften Anteil haben, umfaßt 
der fünfte Staat, das neue Österreich, die ostalpinen Kernlandschaften und ist 
als Ostalpenland schlechthin zu bezeichnen. Nur nördlich der Donau greift das 
österreichische Staatsgebiet auch auf die Böhmische Masse und östlich des Neu 
siedler Sees in geringfügigem Ausmaße auf die ungarische Tiefebene über. Sonst 
entfällt aber die ganze 83 833 qkm betragende Fläche auf die Ostalpen und deren 
nördliches und östliches Vorland. 
Auf dieser Fläche wohnen insgesamt etwas über 6 1 / 2 Millionen Menschen, fast 
durchaus deutscher Zunge (vgl. die Karte auf S. 426). Die geringe nichtdeutsche 
Bevölkerung besteht in der Hauptsache aus Tschechen, die sich namentlich in 
Wien in größerer Zahl niedergelassen haben, aus Slowenen in Südkärnten, deren 
Lebensinteressen aber so eng mit dem übrigen Kärnten und damit mit Österreich 
verbunden sind, daß sie selbst bei der Volksabstimmung des Jahres 1920 gegen die 
Zerstückelung Kärntens und Angliederung der slowenischen Landesteile an Süd 
slawien gestimmt haben, und endlich aus Kroaten, die einige Sprachinseln im 
Burgenlande bewohnen. Durch seine nationale Einheitlichkeit unterscheidet sich 
Neuösterreich in vorteilhaftester Weise von den übrigen Nachfolgestaaten der 
ehemaligen österreichisch-ungarischen Monarchie, die, besonders die Tschecho 
slowakei, deren sprachliche Zerrissenheit in kleinerem Maßstabe von neuem 
aufweisen. Seiner Verfassung nach ist Österreich eine bundesstaatlich organi 
sierte Republik, deren einzelne Bundesländer von den ehemaligen Kronländern 
gebildet werden, zu denen Wien und das Burgenland als selbständige Länder 
dazukamen. 
Während aber Österreich nahezu rein deutsches Land ist, umfassen seine Grenzen 
doch nicht das ganze geschlossene deutsche Sprachgebiet der untergegangenen 
Monarchie. Abgesehen davon, daß das ganze Sudetendeutschtum der Tschecho 
slowakei angegliedert wurde, ist die Abtrennung Deutsch-Südtirols mit einer 
Viertelmillion geschlossen siedelnder Deutscher der empfindlichste Verlust für 
Österreich, der durch die Gewinnung des Burgenlandes um so weniger ausge 
glichen wurde, als auch hier ein Großteil des geschlossenen deutschen Sprach 
gebietes bei Ungarn verblieb. Auch in Südsteiermark kamen mit Marburg und 
Umgebung rund 40 000 Deutsche unter fremde Oberhoheit. 
Neben diese Verletzungen des Selbstbestimmungsrechtes der Völker durch die 
Friedensverträge gesellt sich als weitere das Verbot des Anschlusses Österreichs 
an Deutschland, der auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus für Österreich 
von höchster Bedeutung wäre. Neben der Besorgnis, die Macht Deutschlands 
erstarken zu lassen, ist es vor allem das Streben Frankreichs nach einer direkten, 
Deutschland umgehenden Verbindung mit seinen slawischen Freunden im Osten, 
das ein selbständiges Österreich erfordert. Wenn auch dieser Korridor nach dem 
Osten vor allem in Zeiten von deutsch-französischen Verwicklungen besondere 
Bedeutung erlangt — die Verlegung des Orient-Expreßzuges über den Arlberg 
zur Zeit der Ruhrbesetzung ist ein bereits vorgefallenes Beispiel —■, so hat bei 
spielsweise Paris im Arlberg - Expreß auch jetzt, ohne deutschen Boden zu
	        
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