— 20 —
hält die Eroberung des Korsen auf. Der Staat von
beutegierigen Franzosen besetzt — fürwahr der Anbruch einer
schönen Zeit! (Maria hört immer gespannter den Ausführ
ungen zu.)
W i s h o f e r: Ihr seid ein wunderlicher Kauz!
Gottlob, wohl der einzige im ganzen Land, der so denkt
und solche Bilder grober Unwahrscheinlichkeit sich malt.
Sind für Euch die umfassenden Rüstungen nichts, die hun
dertdreißigtausend Mann an der Grenze nichts, welche von
Braunau und Obernberg nach Bayern einrücken, der end
lose Zug der Hohenloh'schen Infanterie, der Rosenberg-
schen Dragoner, der Schwarzenberg'schen Ulanen durch
unsere Stadt nichts, die alle zur Haüptarmce Erzherzogs
Karl stießen? Sind Euch das alles noch keine Beweise
für unsere Siegesaussichten? Von hier bis Taufkirchen
brannten ihre Lagerfeuer, in unserer Vorstadt allein habe
ich deren vierzig gezählt. — Und was sagt Ihr zur Einnahme
von Passau, das von Dedovich mit dem tapferen Infan
terieregiment MitrovSky ohne Schuß und Säbelhieb einge
nommen wurde? Hiller hat sich den Uebergang über die
Isar erzwungen, die Avantgarde besetzte München! Welche
Gefahr sollte für uns eigentlich bestehen?
Stöger: Das habe ich alles bedacht. Doch er
scheint mir die Deckung des ganzen Landes viel zu gering
und ungenügend. Stellt Euch nur vor, General Sinzen-
dorf würde in Schärding überrumpelt, französische Streit
kräfte schieben sich zwischen die Armee Erzherzog Karls und
unsere Residenzstadt. — Wer kann die Franzosen von einer
Einnahme Wiens abhalten? Und was das bedeutet, wenn
die Hauptstadt fällt, darüber brauche ich wohl niemand zu
belehren. — Gefahr ist da, das glaube ich bestimmt! Und
ob sie uns gnädig behandeln würden, darüber brauchen wir
keine Auseinandersetzung. Als Diktator wird er uns Da-
vov.d oder gar Massena herstellen, der solche Sachen be
sonders gut versteht. Aus unseren friedlichen Städten
werden französische Garnisonen gemacht, und der österreich
ische Bürger wird für den feindlichen Soldaten sorgen und
ihm Weib und Tochter opfern müssen.
Wiese n berger: Ihr übertreibt, Herr Stöger!
(ängstlich auf Maria sehend) Es gibt auch im Kriege
Grenzen für's Verhalten.
Stöger: O ja! Aber nur solche, die der
Sieger zieht.