Volltext: Romeo und Julie am Pregel

Romeo und Julie am Pregel. 125 
Regierung erregt, und in diesen Bedenken lag bereits 
ein gefährlicher Berührungspunkt mit den Anschauungen 
der Opposition. Und allmählich zu seinem eigenen Schrecken 
drohte sein ganzer innerer Mensch sich umzuwenden; er 
wagte gar nicht hinzusehen, welche Wandlung sich da in 
ihm vollzog; doch gelegentlich ertappte er sich auf An 
sichten, die ihm früher verbrecherisch vorgekommen wären! 
Und Wildert . . . und sein armes Kind ... da lag 
es im Fieber glühend, bewußtlos . . . und noch so 
schön! Martha rang die Hände; Valdenius, der auf 
sein inständiges Bitten bisweilen an Cäciliens Kran 
kenlager zugelassen wurde, stand fassungslos da mit 
Tränen im Auge. 
In ihren Fieberphantasien erschien sie jetzt, wo der 
Freund von ihrer Seite getissen, als eine Verworfene, 
mit einem unauslöschlichen Makel behaftet. Alle wandten 
sich von ihr ab . . . und er, der einzige, dessen Liebe 
Ersatz geboten für den Haß und die Verachtung der 
Welt ... er war dahin, mit ihm alles Glück, alle 
Hoffnung . ... und zu ihm hinab neigte sich all ihr 
Sehnen, Fühlen, ihr ganzes Dasein, wie die Trauer 
weide ihr hängendes Gezweig senkt in den unergründ 
lichen See. Und so starb sie dahin ... der Körper, 
noch ehe sie das Auge schloß, aufgezehrt von der sterben 
den Seele. 
Sie wollte mit Wildert zusammen ruhen. Diesen 
Wunsch der Sterbenden, ausgesprochen in einem lichten 
Augenblick, ehrte der Vater. Den Rebellen ausgraben 
lassen und in Wieselau mit der Tochter zu beerdigen: 
das wäre ein zu herausfordernder Hohn gewesen gegen 
über allem Vergangenen. So blieben beide Liebenden 
im gemeinsamen Grab an Webernits früherer Pfarrkirche. 
Und nicht einsam blieb dies Grab ... die alte 
Martha, Valdenius, Doktor Martin und Käthchen 
kommen trotz des weiten Weges oft von den entlegenen 
Gütern herüber, um es mit Kränzen zu schmücken. 
Und mehrmals kam auch ein einsames Weib von 
fremdartiger Schönheit und legte üppig blühende dunkle 
Blumen auf das Grab. Dem Sterbenden hielt Rahel 
Michal die Treue — und jetzt mar's ihr fast ein 
Trost, daß nach der letzten Begegnung Salo Roseck sich 
von ihr gewendet und schon nach wenigen Tagen mit 
einer jungen reichen Dame in der Vorstadt verlobt hatte.
	        
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