zenswunsch doch noch erfüllt, durch diesen sym¬
pathischen Knaben, der so sorglos und sie»
gesfroh umherschaute und die väterliche Liebe
des Majors in ihrer Bedeutung zwar nicht
erfassen konnte, in ihrer Fürsorge aber woh-
lig ausruhte von Gewaltmärschen und auf¬
reibenden Kämpfen.
Den Feldstecher erhoben, lässig an eine
Buche gelehnt, suchte Bruno die Mühle im
Talgrunde, wo er drei köstliche, friedliche Wo-
chen hindurch mit der herzigen Juliette unter
einem Dache gewohnt. O diese wonnigen
Stunden erster junger Liebe, die stumm oder
in geläufigem Französisch die Gefühle für ein-
ander verriet, die der Holden ritterlichen
Schutz zusicherte, oder Kopf an Kopf mit dem
warmherzigen Mädchen das Riesenleid be-
klagte, welches der Mensch mit dem Kriege
für sich selbst erfand ...
Heiß wallte es in Brunos Herzen auf
und die klaren Augen trübten sich dunkel im
Abschiedsweh. Er wird sie nie vergessen, die
sütze, kleine, braune Juliette. — Aber wohl
nie, niemals im Leben wiedersehen . . . Trau-
rig liefe er das Glas sinken und starrte ge-
dankenvoll nieder auf den Waldboden.
Auf einmal bückte er sich und scharrte
mit den Fingern im welken Laub.
Wars möglich? Ein Schneeglöckchen . .!
Das erste im Jahr . . . Und unbekümmert
um Tod und Vernichtung ringsum strebte
die weitze Glocke aus Eis und Finsternis zu
Licht und Sonne, — nach schauervoller Nacht
neues Leben und neue Freude mit dem Lenz
zu verkünden
Gerührt brach der Fähnrich die weni-
gen zarten Blüten und steckte sie andächtig
an die fadenscheinige, durchlöcherte Uniform.
Als gutes Omen.
„Beneidenswerte Jugend! Auf blutge-
zeichnetet, gefahrvoller Bahn hat sie noch Zeit
und Sinn, sich nach Blumen am Wege zu
bücken ....!"
Der Major sagte das, seinem Fähnrich
wohlwollend auf die Schulter klopfend. Der
Junge schaute mit den Blauaugen der Mut-
ter strahlend zu seinem Gönner auf.
„Ich nehme sie als gute Vorbedeutung,
Herr Major . . ."
Holdern nickte ernst. „Möchten sie es
sein "
Dann schritten sie nebeneinander übers
Schlachtfeld, drüben hinter der neuen Feuer-
stellung zu biwakieren.
Von der zunehmenden Dunkelheit gespen-
sterhaft beschattet, reckten sich die Baugrup¬
pen, — Leichenumsäumt. Zwischen Deckungen
und zerschmetterten Geschützen, ganze Haufen
von Verwundeten. Rosse wälzten sich röchelnd
am Boden. Schnell, lautlos und umsichh drii
walteten die Sanitäter ihres Amtes; iij gf
Scheine ihrer kleinen Lichter, die wie Eliih
würmchen durch die Nacht leuchteten, sah» leh
ihre bleichen Gesichter noch müder aus. ,j jpr
Die Ortschaft durcheilend, wo aus leer«, zu
Fensterhöhlen das Grauen schaute, oder feind zar
lich geschlossene Läden eine Schranke errichtet»
zwischen gerüsteter Geborgenheit drinnen uiß die
dem hilflosen Durcheinander draußen von »u sie
kohltem Hausrat, Tornister, Käppis und wez M
geworfenen Waffen, stand der Major pich
lich still. Ro
„Hören Sie nichts, Telram? Die Alle«
bäume dort scheinen lebendig geworden >i
sein . . .
Und noch ehe Bruno etwas wahrgeno^
men, prasselte es schon nieder auf die durch
ziehenden Deutschen. Diese trifft die Tut
verborgener Schützen indessen nicht unvorb«!
reitet. Und die deutsche Ueberlegenheit !
o groß, Verstärkung und Hilfe so nah. dÄPl
)ie paar Dutzend Franktireurs ihre Niebtii S(
rächt teuer bezahlen müssen . . . Trotzdq tui
allen im Feuer des versteckten Gegners eini« S>
Zer Besten. . . de
Da peitscht gerechter, heiliger Zorn d> 3>
Tapferen wütend auf. al
Keiner der feigen Kerle da vben ent sid
kommt. Tot, verwundet und gefangen w«
den sie von handfesten Kanonieren zur Strei wi
gebracht. de
Tief bekümmert auf das junge Hau? ne
niederblickend, von dem durch das volle, ß t*1
brigblonde Haar der Jugendgeliebten dai nc
Blut rieselt, nimmt sich Major von Holden se>
kaum Zeit das Lumpenpack zu besichtig» en
Sein kurzes, scharfes Verhör aber läßt furch >a
bare Rache ahnen. ui
...... und Ihr Name?" schreit n ui
letzt einen jungen Burschen an. ! ie
„Gaston Fleurier . . 41
Da richtete sich der verwundete Fäh» ui
rich jäh auf. Iuliettes Bruder Unter bei
Mördern? Nicht doch! Das kann nicht sei« ui
Er kennt ihn hesser .... !
„Bitte, Herr Major, Gnade für diesen! A
Er ist entweder ganz unschuldig, oder v»
führt worden . . . ." ; e,j
Seinen Vorteil durch diese unvermutet«
Fürsprache wahrnehmend, berichtet Gast« °!
Fleurier erst verbissen, dann geschmeidig. da> ?'
er eins seiner Pferde verfolgt habe, das Iii
vom Pflocke losgerissen und in diese Ni? j}1
tung floh . . . Mit Gewehr und Munition öi
müsse sich jetzt ein jeder versehen. . . , ''
Der Major schwankt und verbaut sch«
gend. Ungeduldig fatzt ihn der Fähnrich a« ^
Arm. „Gnade für Iuliettes Bruder! Er f 01