Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr.... (1916)

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ner Jodler drüben her, wo die Straße aus 
dem Tal heraustritt zu der Kochfläche, auf 
welcher sich das Dorf ausbaute. Das war 
einst der verabredete Lockruf gewesen, wenn 
Balthasar nach ihr sein Sehnen fliegen lieh. 
Sie preßte die Zand aufs Herz. Jene Tage 
kamen nicht wieder. Ausgelöscht hatten sie 
nach jenem Treubuch mit starken Künden 
das Feuer, was in ihrem Kerzen loderte. 
Aber der Ruf. er hatte ihr urplötzlich gezeigt, 
daß die Funken noch unter der Asche loh¬ 
ten. Warteten auf einen Luftzug, damit 
das Feuer wieder dürfe tzur Seligkeit em¬ 
porzüngeln. 
Genau um diese Zeit hielt aufatmend 
Balthasar unterhalb der Wand des Men¬ 
berges an der Straße. Er war stark berg¬ 
auf geeilt, der Heimat droben zusagen, daß 
der Sturmwind der Befreiung über seine 
Seele gebraust sei. Er hielt gegen einen 
Baum gelehnt und jodelte durch die Nacht 
zu den Hütten, die zumeist ihre Lichtfünkchen 
bereits ausgelöscht hatten. Genommen war 
er als Freiwilliger zum heiligen Kriege. Asber- 
morgen früh mutzte er die Heimat verlassen. 
Eine kurze Ausbildung und dann sollte es 
endlich gegen den Feind gehen. Er hielt 
den Stamnr der Fichte umklammert und 
suchte sie zu schütteln. „Nun bin ich wert 
der anderen!" jauchzte es in ihm auf. „Nun 
kann ich rein machen mich von jeder Schuld, 
u-ei's auch mit dem Tode! Marliese, Mar¬ 
liese!" Und der zweite Jodler suchte ihre 
vom Mondschein verklärte Hütte. 
Wenige Minuten später sah die hinter 
dein Fenster Stehende die Gestalt eines Man¬ 
nes vom Walde her über den kleinen 
Marktplatz schreiten. Und sie erkannte ihn. 
Stark war sein Schritt. Aufrecht sein Gang. 
Er ahnte nicht, daß da eine einsam am Fen¬ 
ster Wache hielt, deren wunde Seele sich nur 
noch schwach sträubte, ihm entgegenzufliegen. 
Balthasar hatte am nächsten Tage sein 
Haus noch in Ordnung gebracht. Seinen 
schlichten Besitz zu hüten, hatte er die alten 
Nachbarsleute gebeken. „Guckt öfter mal 
hinein!" hatte er gesagt. „Falle ich, so 
findet Ihr im obersten Kommodenfach einen 
Brief. Darin steht alles, wie ich es zu ver¬ 
teilen wünsche. Behaltet mich dann im gu¬ 
ten Angedenken!" 
Die alten Leute hatten Mitteilung im 
Orte davon gemacht, datz nun auch Grei- 
ners Balthasar in das Feld müsse. Ms Frei¬ 
williger ziehe er hinaus, um nicht gegen die 
anderen zurückzustehen. So kam es, datz noch 
den letzten Abend mancher im Häuschen Ein¬ 
sprach hielt, ihm die Hand zum Abschiede 
zu drücken. 
Am nächsten Morgen hielt Balthasar 
seine Ausfahrt. Als er an den Punkt ge¬ 
kommen war, wo er vor zwei Tagen freudig 
sein Herz hatte sprechen lassen, blieb er jetzt 
wieder stehen. 
Er war soeben aus dem Dämmer des 
Morgenwaldes herausgetreten, da sah er 
seitlich eine weibliche Gestalt vom Boden auf¬ 
springen. die sichtlich hier gewartet hatte. 
Er warf einen halben Seitenblick Zu ihr und 
dann stockte sein Schritt. Blässe war auf 
sein Gesicht getreten, während das Mädchen 
von einem aufquellenden 3lot überrieselt vor 
ihm stand. 
„Marliese?! Marliese?!" Mehr ver¬ 
mochte er nicht bei diesem Anblick hervor¬ 
zubringen. 
Auch sie kämpfte sichtlich, das rechte 
Wort für ihn zu finden. Dann endlich kam 
es stockend, leise über ihre Lippen: 
„Gestern habe ich gehört, datz nun auch 
du in den Krieg ziehen willst. Niemand 
gab dir daheim das Geleit ein Stück. Ms 
Einsamer gehst du fort. Da habe ich ver¬ 
gessen, was zwischen uns liegt. Wer dahin¬ 
ausgeht . . . tvsrellerM ... um nie wieder¬ 
zukehren . . . dem soll man wenigstens den 
Weg leichter machen . . ., daß er freudiger 
fürs Vaterland kann kämpfen und bluten." 
„Marliese! Hör' ich recht? O. du. du! 
Nun gehe ich freudig hinaus. Deiner Liebe 
war ich verloren gegangen, deine Ehre hatte 
ich beleidigt. All die Zeit seitdem war nur 
ein stilles Büßen. Der Krieg hat mir gezeigt, 
was ich wieder gut machen kann an mei¬ 
nem Namen. Ich mutzte hinaus, damit du 
einem Toten könntest ein reines Gedenken 
weihen. Hab' tausend Dank!" 
Langsam hatte sie erst seine Rechte er¬ 
griffen. Lange sah sie ihn an. Dann 
schmiegte sie sich an seine Brust. Tränen 
stürzten hervor und die Lippen flüsterten nur 
noch: „Küsse mich, Balthasar, küsse mich! 
In dieser Stunde verlobe ich mich dir an. 
And will's Gott, so gibt er uns doch noch 
zusammen!" — 
Die Wälder rauschten feierlich um den 
aufrecht und freudig Niederschreitenden. Im¬ 
mer tiefer gings hinaus ins offene Land. 
Vor ihm aber dehnte sich in feinen Sinnen 
eine weite, sonnbeglänzte Straße schier bis 
in den Himmel hinein. Sie führt zu Ruhm 
und Ehre. Am sie wehte es von Wahrheit, 
Größe und der Erhebung zu einem neuen 
Menschen. And wenn er sie eines Tages wie¬ 
der zurücklegen würde. . . . 
„Marliese, Marliese!" 
Jauchzend gaben die Bergwände das Echo 
des geliebten Namens wieder. 
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