Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr.... (1916)

Balthasar löschte ite Stichflamme aus. 
An Arbeiten war heute doch nicht mehr zu 
denken. Gegen diesen Ansturm der Gefühle 
war nicht anzukämpfen. Warum hatte denn 
nicht auch ihm die Kriegsposaune gegolten? 
Er meinte noch immer, ihre hallende Stimme 
zu vernehmen. Wie gern wäre er gegen den 
Feind gegangen. Nicht jede Kugel macht ein 
Loch! Aber er hätte freudig den Tod ge¬ 
nommen, wie eine Erlösung, eine Befreiung. 
Denn die Liebe 
saß ihm noch fest 
im Herzen. Und 
nun achtete sie ihn 
nicht mehr, konnte 
ihn jetzt noch weni¬ 
ger achten, der 
jung und kräftig 
daheim bleiben 
mutzte wie ein al¬ 
tes Weib. Elasspie- 
lereien herzustellen, 
während draützen 
überall bald die 
Kugeln spielen wür¬ 
den. deutsches Män¬ 
nerblut für die 
Ehre des deut¬ 
sches Vaterlandes 
der Boden trinken 
sollte. 
Oh, es war eine 
grausame Stunde, 
da neulich morgen 
die Männer das 
Dorf verlassen 
hatten. Geschmückt 
mit Tannengrün 
aus dem heimatli¬ 
chen Walde, so 
nahmen sie Ab¬ 
schied von den Zu¬ 
rückbleibenden. Das 
war ein Hände¬ 
drücken. Umarmen, 
Trösten und Wei¬ 
nen gewesen! Dann 
aber hatte der eine 
angefangen, die anderen hatten eingesetzt, 
und bergab war es gegangen unter den 
Klängen der „Wacht am Rhein" . . .er 
aber hatte hinter dem Fenster gestanden und 
hatte mit seinem Gott gehadert, allein, ver¬ 
achtet daheim bleiben zu müssen. 
Balthasar ging ruhelos im engen Stüb¬ 
chen auf und nieder. Dann rang ein Ent¬ 
schluß sich herauf. Hatte man ihn verges¬ 
sen. jetzt wollte er erzwingen, was seine 
Seele fühlte. Und gings in den Tod, dann 
„Wer dahinausgeht. . 
wiederzukehren .... dem 
Weg leichter machen!" 
gings in die Ehre- Dann würde auch sie 
wieder reiner seines Bildes gedenken. 
Am nächsten Morgen lag die Hütte von 
Balthasar Ereiner verschlossen ünd verödet. 
Nachbarn, die Einsprach halten wollten. Muh¬ 
ten wieder umkehren. Keiner wußte um die 
Ursache, und so blieb es nicht aus, dah bald 
allerlei Gerüchte einherzuschwirren begannen. 
Balthasar aber befand sich auf dem Wege 
zur Kriegsstadt, dort alles in Bewe¬ 
gung zu setzen, 
als Kriegsfreiwil¬ 
liger angenommen 
zu werden. 
Es war spät 
abends am drit¬ 
ten Tage nach 
seinem Verschwin¬ 
den. Die ersten 
Sterne waren be¬ 
reits heraufgezogen 
und droben über 
dem Eisenberge 
wanderte in einsa¬ 
mer Stille der 
volle Mond- Mar- 
liese stand am 
Fenster ihres Stüb¬ 
chens, das seitlich 
nach dem Hausgar¬ 
ten sich öffnete. 
Ihre Gedanken 
wanderten mit der 
Silberleuchte, die 
dort droben schwei¬ 
gend ihre Bahn 
zog. Beim Abend¬ 
essen hatte der Va¬ 
ter noch die Schrek- 
ken des kommenden 
Krieges ausgemalt 
und mancherlei ern¬ 
ste Betrachtungen 
daran geknüpft. 
Aber die friedvolle 
Sommernacht, das 
heimliche Wehen 
der schlafenden Wäl¬ 
der hatten nach und nach die düsteren Bil¬ 
der verscheucht. Das Leid der eigenen Seele 
war wieder aufgestanden. Der Schmerz um 
den, der ihr einst die ganze Welt gewesen 
war. Da neigte sie den Kopf und wehrte 
der Tränen nicht länger. 
Endlich rrocknete sich Marliese ihre 
feuchten Augen und lauschte hinaus 
in die wehende Sommernacht. Nein, eine 
Täuschung war dies nicht gewesen. Denn 
jetzt scholl zum anderen Male äin ganz eige- 
. . vielleicht .... um nie 
soll man wenigstens den
	        
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