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gen, der hartherzige, gewinnsüchtige Mann.
Gutknecht und sein kränkliches Weib sind dann
brotlos. Das ist es, was des Landmanns
Herz erschüttert in dieser schicksalsschweren
Stunde. Darum schaut er trüben Blickes in
den sich rosig färbenden Abendhimmel, dar¬
um kommt es wie ein Notschrei aus tiefster
Brust über seine bebenden Lippen.
„Herr, du Allmächtiger, hilf du. denn
du allein kannst es!"
Weiter fliegt der schweißtriefende Rad¬
ler dahin auf der staubigen Landstraße. Vor¬
dem neuen, stattlichen Wohnhaus des Lin¬
denhofs steht, gemächlich sein Pfeifchen
schmauchend, breitspurig der reiche Gebhard.
„Mobil! Ganz Deutschland mobil! Ge¬
gen Rußland geht's. Frankreich steht auf
der Lauer!" ruft der Postbote und fliegt
weiter. Der Lindenhofer reißt die Pfeife
aus dem Munde, wist noch etwas fragen,
kommt jedoch nicht mehr dazu.
Mobil! Ja, das war ja vorauszusehen,
und doch wirkt das Wort wie ein zündender
Blitz. Leben kommt in den schwerfälligen
Bauersmann. Aber bald ist er wieder be¬
ruhigt :
„Dir kann nichts werden. Du brauchst
nicht mehr mit, der Junge ist dienstuntaug¬
lich. Die drei Gäule, die du hergeben mußt,
werden gut bezahlt. Von den Leuten wird
nur Jochen Röhrdang eingezogen. Ist auch
zu ersetzen, wenn er auch ein fixer Kerl sein
mag. Aber der Eutknecht. Reklamieren
wollte er keinen von seinen Jungens, weil
er sich noch rüstig genug fühlt. Bäh, der
Narr! Dem geht es an den Kragen, das
ist keine Frage. Jetzt gibt ihm keiner Geld,
und der Bankerott ist unvermeidlich. Du
hast dann den Erlenhof."
Wie oft wünschte Gebhard sich das! Und
dennoch will die Freude nicht aufkommen in
dieser Stunde. So ein unangenehmes Ge¬
fühl da tief drinnen in seiner Brust ver¬
gällt sie ihm. Er kann nicht davon los¬
kommen. Merkwürdig! Ist das die Stimme
des Gewissens?
Und die marternden Gedanken, die im¬
mer heftiger auf ihn einstürmen, los zu wer¬
den, geht der Lindenhofer in die Stube und
trinkt einen steifen Grog. Noch einen zwei¬
ten. einen dritten. Doch seine Stimmung
bleibt gedrückt.
Jochen Röhrdang kommt mit dem Brot¬
wagen endlich aus der Stadt zurück. Des
Burschen Gesicht glüht wie irrt Fieber, und mit
blitzenden Augen ruft er aus:
„Herr, ist das ein Leben in der Stadt!
Alles, was kriechen kann, möchte mit in den
Krieg. Die Kftchenglockerr wurden geläutet.
Auf dem Markt spielte die Kapelle. Duft
die Straßen ging's mit Hurra und „Hei!
dir im Siegerkranz". Morgen mit dem erste,
Zuge muß ich reisen. Zwölf Mann aus Hch
darf fahren mit, die anderen später. Ent
knechts kleiner Karl hat sich sofort freiwillh
auf dem Bezirkskommando gemeldet. An¬
der Oberleutnant will dafür sorgen, daß «
eingestellt wird. Nun ziehen alle Gutknechi-
scheu Jungens ins Feld. Der Paul ist ebe,
aus Schwarzsee eingetroffen, um schnell noj
Adieu zu sagen. Ja, alle vier! Von BA-
ker Rücker müssen fünf mit. Und er,
Alte, stellt sich auch freiwillig. Keiner den!!
mehr an sich. Ich danke Gott, daß ich mit
dabei sein darf! Meine Mutter ist ganz g*
faßt und sagt bloß: „Jochen, schlag tüchltz
dazwischen!" Na, das machen wir! Hen.
das ist doch etwas Großes!"
Wie im Rausch redet der sonst so stillt,
bescheidene Knecht, trotzdem er vollkomnm
nüchtern ist. Gebhard mag gar nichts mch
hören. Ihm ist so beklommen zu Mute, ei
fühlt sich auf einmal so furchtbar klein
unbedeutend. Ist er denn nicht auch mal
ein strammer Soldat gewesen? Hat er de»
Kaiser nicht vor dreißig Jahren ebenfall
seinen Fahneneid geschworen? — —
Sehr verdrießlich geht er zu Bett. Doch
Schlaf findet er nicht. Als der erste Mot
gensonn-enstrahl durch das grüne Laub ds
Linden zittert rennt er draußen schon rufe
der unruhig umher. Da — Gesang!-
„Es braust ein Ruf wie Donnerhall
— die Helldorfer Reservisten ziehen zu»
Bahnhof, voran Nachbar Gutknechts Söhnt.
Und der Alte marschiert tapfer mit in Reib
und Glied, die Kriegsdenkmünze auf dri
Brust. Fast die ganze Gemeinde gibt de«
Scheidenden das Geleit. Mutter Eutknch
wankt an der Seite von Müllers Luise. Bleich
zwar ist ihr faltiges Gesicht, aber sie ver¬
gießt keine Träne. Niemand weint über¬
haupt. Eine Heldenschar. Und dieses Kampf
und Trutzlied, wie schallt es so gewaltig duft
den goldenen Morgen. „Lieb Vaterland,
magst ruhig sein! Fest steht und treu bii
Wacht am Rhein!" — — Da packt es bei
Bauersmann ans Herz wie mit ehernen <T
sten. Es ist, als sei er urplötzlich ein gan;
anderer Mensch geworden. Daß er ein Deut¬
sch er ist, kommt ihm zum Bewußtsein. —
„Brüder müssen alle sein, die sich ab
Deutsche fühlen," spricht er vor sich his
während ihm die hellen Tränen über d«
Wangen perlen. „Fort jetzt mit Haß uni
Fehde im eigenen Lande! Vier Söhne
Eutknecht willig und gern dahin. Muß ma>
ihn darum nicht verehren?"
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