Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr.... (1916)

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sah. mit tränenfeuchten Augen und der vom 
Weinen geröteten Spitze ihres zierlichen 
Stumpfnäschens, machte sie allerdings einen 
totunglücklichen Eindruck. 
Schluchzend stieß sie endlich hervor: „Du 
weiht doch, dah wir nicht einmal eine ordent¬ 
liche Hochzeitsreise gemacht haben, weil Ernst 
damals so stark beschäftigt war. — Nun woll¬ 
ten wir in die Sommerfrische — an die See — 
und nun soll ich alleine reisen, weil er glaubt, 
nicht abkommen zu können. — Nicht einmal 
ein paar Wochen will er mir opfern. — Sein 
Dienst geht ihm über alles! — O, wie ich ihn 
hasse, diesen dummen Dienst!" 
Die junge Frau stampfte wütend mit der 
Fuhspitze auf den lichtgrünen Salonteppich und 
verbarg ihr Gesicht aufs neue hinter dem 
Spitzentuch. _ 
Ueber das Gesicht der Schwester zuckte 
ein erlösendes Lächeln. Gott sei Dank, sie hatte 
sich schon auf Schlimmeres gefaßt gemacht — 
wenn es weiter nur nichts war! 
„Nimm Dir die Geschichte doch nicht so Zu 
Herzen!" tadelte sie sanft. „Wenn er wirklich 
augenblicklich keine Zeit hat, reist Du eben 
alleine voraus, und Ernst kommt auf zwei 
oder drei Wochen nach. Du weiht doch auch, 
wie er mit Leib und Seele an seinem Beruf 
hängt und sich nur ungern vertreten läßt." 
Die junge Frau schüttelte mit bitterem 
Lächeln den Blondkopf. „Ach, Margot. Du 
kennst die Männer noch nicht. Wenn ich ohne 
ihn abreise, kommt er erst recht nicht mit. 
Augenblicklich ist er sehr gut hier entbehrlich: 
aber er ist nur zu bequem, zu reisen! — Das 
kleine Opfer, das er mir bringen soll, ist ihm 
zu groh, diesem abscheulichen Barbaren!" 
Die junge Frau kämpfte wieder mit den 
aufsteigenden Tränen, fuhr dann aber gepreßt 
fort: „Er har mir ja selbst gestanden, das 
Reisen sei ihm eine Qual. In fremden Betten 
schlafen, sich mit Fremden unterhalten müssen, 
behage ihm nicht. Den Dienst schützt er nur 
vor, um mich auf gute Art los zu werden. — 
Margot, er liebt mich nicht so, wie ich es ver¬ 
dient habe!" 
Das ganze Weh einer maßlos gepeinigten 
und gekränkten Frauenseele klang aus diesem 
Klageschrei. 
Die ältere Schwester war herzlos genug, 
ein flüchtiges Lächeln nicht zu verbergen. Sie 
entgegnete: „Wenn er nicht mit will, muht 
Du ihn zwingen, zu kommen, natürlich, ohne 
dah er die Gewalt merkt. Ein Mann will 
vorsichtig behandelt sein, das solltest Du als 
Ehefrau doch eigentlich wissen. Mit Bitten und 
Tränen erreicht man selten etwas: mit Trotz 
und „Maulen" erst recht nichts. Nur List 
kann hier helfen! Deshalb reife ruhig fort, 
und wenn Du einige Wochen da warst, loch 
ihn mit List hin, damit er wenigstens für zwei 
drei Wochen ausspannt und Dir Gesellschaft 
leistet." 
„Das tut er nicht!" entgegnete die jung, 
Frau bestimmten Tones. „Meinst Du denn, 
ein Amtsrichter, der ein großer Menschen 
kenner ist, fällt so mir nichts Dir nichts auf 
irgendeine Frauenlist hinein? Nein, da glaub? 
ich, unterschätzest Du Ernst!" 
Else Thielo hatte sich ganz in Eifer ge¬ 
redet. Wenn ihr Mann auch ein „abscheu¬ 
licher Barbar"' war, für einfältig sollte ihn. 
den gewiegten Juristen niemand halten. 
Margot von Stetten legte begütigend die 
Hand auf der Schwester Arm. „Ich glaub, 
ja auch gar nicht, dah Dein teurer Gatte aus 
einen plumpen Schwindel hineinsegelt, mein 
Elschen: aber in einem Punkte pflegen di, 
Männer doch mit Blindheit geschlagen z« 
sein — und wenn man diesen Punkt schlau z« 
henutzen weih — —! 
Das junge Mädchen hüllte sich in viel¬ 
sagendes Schweigen: aber in ihren Auge» 
lachte der Schalk. 
„Was ist denn das für ein Punkt?" 
forschte Frau Else, und schmeichelnd bettelte sic? 
„Margot, wenn Du ein Mittel weiht, wie id, 
Ernst mitkriege, oder ihn wenigstens dazubringe- 
dah er für einige Wochen nachkommt, verrat, 
es mir doch! Ich werde Dir auch ewig dankbar 
sein." 
Da zog die ältere Schwester die jünger- 
näher zu sich heran und redete eifrig auf sic 
ein. Zuerst machte Frau Else sehr erstaunte, 
ja abweisende Augen: dann zog es wie Son¬ 
nenschein über ihr verweintes Gesichtchen und 
als Margot geendet hatte, rief sie in ehrlich« 
Bewunderung: „Nein, was bist Du für eine 
Durchtriebene! — Der arme Mann, der Dich 
einmal heimführt, ist ja verkauft und verloren! 
— Aber ich tu's, Margot; ich tu's!" 
Eine Woche weilte Frau Amtsricht« 
Thielo nun schon in Heringsdorf. Ernst 
Thielo hatte wirklich so viele Gründe heraus¬ 
gefunden, die der Gattin darlegen sollten, wie 
unentbehrlich er zu Hause war, dah Frau Else 
überzeugt schien. Auf dem Bahnhof hatt, 
zwischen ihnen ein rührender Abschied stattge¬ 
funden und dann war Ernst Thielo in bem 
angenehmen Bewußtsein nach Hause zurückge¬ 
kehrt, daß er sich diesmal um die Unbequemlich¬ 
keiten einer Badereise herumgedrückt hatte. 
Innerlich konnte er sein kleines Frauchen 
nicht genug loben. Zuerst hatte sie ja geweint: 
aber plötzlich hatte sie dann doch eingesehen, ba| 
sein Beruf vorging. Nicht einmal geschmollt 
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