Volltext: Kriegs-Kalender für das Jahr.... (1916)

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— jetzt hallte es dumpf über die Ebene 
— Alarmschüsse — wieder und wieder — 
da wurde nun das Pulver umsonst oerpafft 
und die Kugeln verflogen im Sand — sie 
bekamen ihn nicht wieder — die Pferde ris¬ 
sen in wilder Erregung am Riemen, datz er 
ihm die Hand schnürte — jetzt gab es ihm 
einen Ruck, datz er sich kaum- im Sattel 
halten konnte. Die Pferde hatten sich los¬ 
gerissen und stoben, ein wildes Fünfgespann, 
über den Sand — er sah wie sie einen Augen» 
blick wie suchend und witternd anhielten und 
dann von ihrem Instinkt getrieben dem Lager 
wieder zustrebten. . . 
Er drückte seinem Pferde die Schenkel 
in die Weichen und trieb es an, datz es wie 
ein Pfeil flog. Von dem Zeltlager konnte 
er nichts mehr sehen, es war wie vom Sand 
aufgesogen. Er hielt mit einem scharfen Ruck 
das Pferd an. um sich zu orientieren. 
Wo war das Meer? Zu seiner Rechten 
hob sich fern. blau, ein dünner Streifen, 
eine Hügelkette. Dort drüben mutzte Blidah 
liegen. Daran mutzte er vorbei. Auf der an¬ 
deren Seite unweit der Küste lag Marengo. 
Wenn es ihm dorthin zu kommen gelang, 
war er gerettet. Da lagen stets ein paar 
kleine italienische Dampfer, die Wein. Oli¬ 
venöl und Früchte ausführten und schon mehr¬ 
mals Flüchtlingen sicheren Unterschlupf ge¬ 
geben hatten. Wie weit hatte er noch zum 
Meer? 
Jetzt in diesem Augenblick der Ruhe 
sparte er erst, wie sich die körperliche Er¬ 
regung und Ermattung geltend machte. Er 
stand wie in einem Dampfbad, die Zunge 
lag ihm wie verdorrt im Mund. in den 
Schlafen hämmerte es ihm. und einen Augen¬ 
blick nahm für seine Augen die Sandfläche 
eine rote Farbe an — wie Blut. Das Pferd 
bewegte sich unruhig unter ihm und erinnert« 
ihn, datz er weiter mutzte. So stietz er ihm di« 
Schenkel in die Weiche. Er mutzte jede Sie> 
delung vermeiden. Jetzt sah er. immer schnel¬ 
ler, eine Reihe kleiner niederer weitzer Häu¬ 
ser aus dem Boden wachsen und zwischen 
ihnen das stumpfe Grün afrikanischer Ve¬ 
getation. So straff er auch am Zügel ritz, 
er vermochte das Pferd nicht mehr zu len¬ 
ken. eine plötzliche Lähmung befiel den Arm, 
Er hielt sich kaum mehr im Sattel, das Pferd 
nahm den Weg auf die Stadt, die immer 
grötzer ward. 
Wirre Gedanken flogen ihm durch den 
Kopf — wunderliche Bilder rasten in seinem 
heitzen Hirn — was war das? ... 
Die Erde war wie verwandelt. — Da 
oben ein Wald, ein hoher deutscher Tan¬ 
nenwald und unten eine Ebene golden vom 
Erntesegen, und nun strömten sie aus dem 
Baumdunkel hervor, eine unabsehbare Meng« 
— er sah die Farben grell und schreiend — 
Rot und Blau — Fahnen winkten. Trom¬ 
petengeschmetter, Trommelwirbel. Säbel 
blinkten in der flammenden Sonne. Kanonen¬ 
mäuler klafften — jetzt Schüsse wie Peit¬ 
schenhiebe — Donnern der Geschütze — und 
ja er. voran mit den Seinen — noch 
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ein paar Worte an seine Kompagnie und 
dann los — in die Schlacht — vorwärts, 
drauf — mit Gott für König und Vater¬ 
land! — Von irgendwoher ein Singen, im¬ 
mer lauter, heller, dröhnender — und null 
öffneten sich auch seine Lippen: „Lieb Vater¬ 
land" — Jetzt pfiff eine Kugel — wunder¬ 
lich. sie kam gerade aus der Sonne — eilt 
Griff an Herz — da fuhr sie durch — « 
fiel vom Pferd — ..Lieb Vaterland. . 
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Zeitdauer der Kriege in den letzten 
188 Fahren. 
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Freiheitskriege 1813/14, 323 Tage. 
Freiheitskrieg 1815, 41 Tage. 
Russisch-Polnischer Krieg 1831, 214 Tage. 
Dänischer Krieg 1864, 163 Tage. 
Deutsch-Oesterreichischer Krieg 1866, 21 Tage. 
Deutsch-Franz. Krieg 1870/71, 204 Tage. 
Russisch-Türkischer Krieg 1877/78, 281 Tage. 
Burenkrieg 1899/1902, 962 Tage. 
Russisch-Japanischer Krieg 1904/05, 537 Tg. 
Balkankrieg 1912/13, 193 Tage. 
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